
Rekonvaleszentenplasma senkt Sterblichkeit bei immundefizienten Patienten
Erhalten Covid-19-Patienten und -patientinnen mit primärer oder sekundärer Immundefizienz Rekonvaleszentenplasma, verringert sich das Sterblichkeitsrisiko um fast 40 %. Das ergibt eine Analyse von 8 kontrollierten Studien, darunter 3 prospektiv-randomisierte Studien und 5 Kohortenstudien mit gematchten Kontrollgruppen.1-4
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Redaktion: Dr. Nina Mörsch
Rekonvaleszentenplasma wurde schon bei vielen Patientinnen und Patienten mit akuten, viralen respiratorischen Erkrankungen und schwerem Verlauf angewendet, darunter SARS-CoV-2. Die Studien erbrachten Hinweise auf eine Reduktion der Viruslast, Verkürzung des Krankenhausaufenthalts und eine Reduktion der Mortalität durch Rekonvaleszentenplasma, allerdings fehlte häufig eine statistische Signifikanz.1,2
In Deutschland wurde in der CAPSID-Studie Wirksamkeit und Sicherheit von Covid-19-Rekonvaleszentenplasma (CCP) bei schwerem Covid-19 untersucht. CCP führte zu einer rascheren Besserung der Erkrankung (26 vs. 66 Tage) und einer schnelleren Entlassung aus dem Krankenhaus (31 vs. 51 Tage; jeweils CCP vs. bestmögliche Standardtherapie) - allerdings nur bei hohen Antikörperkonzentrationen im Spenderplasma.3 Während nun die Nachfolgeuntersuchung COVIC-19 läuft, veröffentlichen US-amerikanische Forscher Daten aus einer Metaanalyse von kontrollierten Studien mit ähnlicher Zielgruppe wie in COVIC-19: Patienten mit primärer oder sekundärer Immunschwäche.4
Design
- Studienform: Systematischer Review mit Metaanalyse von kontrollierten Studien zur CCP-Behandlung von Patienten mit primärer oder sekundärer Immmundefizienz, die an Covid-19 erkrankt waren (Diagnose labordiagnostisch gesichert)
- Einschluss von klinischen Untersuchungen: 3 prospektiv randomisierte kontrollierte Studien zu dieser Fragestellung mit insgesamt 1487 Teilnehmerinnen und Teilnehmern und 5 Kohortenstudien mit gematchten Kontrollgruppen sowie größeren Fallserien
- Interventionen: in den kontrollierten Studien wurde die mehrfache Gabe von CCP (durchschnittlich 2,3 Plasmaeinheiten pro Patient) in Bezug auf die Sterblichkeit mit dem bestmöglichen Therapiestandard verglichen
Hauptergebnisse
- In den 3 prospektiv randomisierten Studien wurde die Sterblichkeit an Covid-19 durch CCP um 42 % reduziert (Risk Ratio [RR]: 0,58; 95-%-Konfidenzintervall: 0,34-0,98).
- In den 5 Kohortenstudien mit gematchten Kontrollgruppen lag die RR für einen tödlichen Verlauf von COVID-19 bei 0,64 (0,50-0,82; CCP vs. bester Therapiestandard).
- Für alle 8 Studien zusammen betrug die RR 0,63 (0,50-0,79).
- Insgesamt lag der Evidenzgrad durch potenzielle studienrelevante Einflussfaktoren nur zwischen 2 und 3, erreichte also eine niedrige bis mittlere Evidenz. Eine hohe Evidenz hätte bei Level 4 vorgelegen.
- Dennoch werden die Ergebnisse als klarer Hinweis auf eine Wirksamkeit von CCP bei immungeschwächten Patienten gesehen. Es gab keine schweren unerwünschten Effekte.
Klinische Bedeutung
Die Covid-19-Pandemie ist auch 3 Jahre nach ihrem Beginn Ende 2019 nicht vorbei, so der internationale Tenor (5). Vor allem chronisch immungeschwächte Personen sind nach wie vor gefährdet. Die aktuelle Metaanalyse weist auf klinisch relevante Effekte von Rekonvaleszenten-Plasma bei dieser Subgruppe von Covid-19-Patienten hin, wenn auch ohne statistische Signifikanz. Es könne sein, dass die Ergebnisse bei einer früheren Gabe von CCP deutlicher ausfielen, heißt es in der Diskussion. In dieser Studie erfolgte die CCP-Therapie erst nach durchschnittlich 17 Tagen.
In der deutschen COVIC-19-Studie wird CCP binnen 7 Tagen nach Symptombeginn verabreicht und es werden dafür Rekonvaleszenten-Plasmen mit hoher Neutralisationskapazität ausgewählt. Eine der beiden Studiengruppen von COVIC-19 umfasst Patienten mit primärer oder sekundärer Immundefizienz.
Finanzierung: öffentliche Mittel
Deutsche Studie zeigt ebenfalls positive Effekte bei Krebspatienten
Krebspatientinnen und -patienten, die aufgrund schwerer Covid-19-Symptome stationär aufgenommen werden mussten und direkt das Blutplasma genesener Personen erhielten, hatten ebenfalls bessere Chancen, die schwere Infektion zu überleben, als nicht mit Plasma behandelte Krebspatienten. Dies zeigen die Ergebnisse der RECOVER-Studie, die unter Federführung des Universitätsklinikums Heidelberg in der Fachzeitschrift „Nature Cancer“ erschienen ist. Eine Pressemitteilung zur Studie finden Sie hier.
Dieser Beitrag ist im Original auf Univadis erschienen.