Novavax: EMA macht Weg frei für Proteinimpfstoff
Einige noch ungeimpfte Menschen warten auf Alternativen zu den bislang verfügbaren Corona-Vakzinen. Für einen solchen Impfstoff hat die EU-Arzneimittelbehörde nun grünes Licht gegeben. Wichtige Aspekte auf einen Blick. 1
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Manche Menschen haben für ihre Corona-Immunisierung auf Impfstoffe gewartet, die auf anderen Technologien als die bisher verfügbaren Vakzine beruhen. Ein solcher kommt nun auf den EU-Markt. Die Arzneimittelbehörde EMA hat heute den Weg frei gemacht für das Vakzin des US-Herstellers Novavax. Die EU-Kommission muss noch zustimmen, das gilt allerdings als Formsache.
Wie funktioniert der Novavax-Impfstoff?
Novavax besteht laut Paul-Ehrlich-Institut (PEI) aus virusähnlichen Partikeln, die das Spike-Protein des Coronavirus enthalten. Die Proteine werden vom Körper als fremd erkannt und das Immunsystem bildet spezifische Antikörper und T-Zellen. mRNA-VAkzine zum Beispiel funktionieren anders. Hier werden Körperzellen mit Hilfe von Teilen des Erbmaterials des Coronavirus SARS-CoV-2 in Form von messenger-RNA angeregt, selbst das Spike-Protein herzustellen, um eine Immunantwort auszulösen.
Wie gut wirkt der neue Impfstoff von Novavax?
In einer Zulassungsstudie von Novavax lag die Wirksamkeit in Bezug auf Erkrankungen bei 90 Prozent. Das bedeutet, unter den Probanden der geimpften Gruppe traten 90 Prozent weniger Erkrankungen auf als unter den Probanden einer Kontrollgruppe. Es wurden zwei Dosen im Abstand von drei Wochen verabreicht. Allerdings beziehen sich die Ergebnisse hauptsächlich auf die Alpha-Variante, die in Deutschland so gut wie vollständig von Delta verdrängt wurde. Bald dürfte Experten zufolge die neue Variante Omikron das Infektionsgeschehen stark beeinflussen. ,,Auch dieser Impfstoff wird an Omikron angepasst werden müssen”, schrieb Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, kürzlich mit Blick auf das Novavax-Mittel auf Twitter.
Wieso warten manche Menschen auf bestimmte Impfstoffe?
Einige scheinen ein größeres Vertrauen in Vakzine zu haben, die nach klassischen Verfahren hergestellt werden. So gibt es bei manchen ein Misstrauen gegen die neue mRNA-Technologie, auf denen die Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer beruhen. Es gibt die Befürchtung, dass diese bisher unbekannte Langzeitschäden verursachen könnten. Experten halten es für nahezu ausgeschlossen, dass bei den zugelassenen Impfstoffen noch unbekannte Langzeitfolgen auftreten.
Wenn es um Alternativen zu den zugelassenen Impfstoffen geht, fällt oft der Begriff Totimpfstoff. Was steckt dahinter?
Totimpfstoffe enthalten laut Bundesforschungsministerium abgetötete, also nicht mehr vermehrungsfähige Krankheitserreger. Sie können auch nur Bestandteile oder einzelne Moleküle dieser Erreger enthalten.
Beispiele sind Impfstoffe gegen Hepatitis A und Influenza. Der Körper kann dabei den Totimpfstoff nicht vom Erreger unterscheiden und fährt eine gezielte Immunabwehr hoch, die vor einer echten Infektion schützt. Für manche Menschen, die bislang eine Impfung ablehnen, klingt dieser Ansatz ,,natürlicher” als beispielsweise der von mRNA-Impfstoffen.
Ist die Klasse der Totimpfstoffe denn klar abgegrenzt?
Nein. Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. Wenn die Definition lautet, dass das echte Virus oder zumindest Teile davon im Impfstoff enthalten sein müssen, wäre zum Beispiel Novavax im engeren Sinne gar kein Totimpfstoff. Denn der entscheidende Bestandteil, der die Immunantwort auslösen soll, wurde nicht einem echten Virus entnommen, sondern ist ein gentechnisch hergestelltes Virus-Protein.
Andererseits könnte man auch sagen, alle Impfstoffe ohne lebende – also vermehrungsfähige – Erreger sind Totimpfstoffe. ,,Der Name ist falsch”, sagt Watzl. ,,Alle bisher zugelassenen Covid-19-Impfstoffe sind Totimpfstoffe.” Was viele mit Totimpfstoff meinten, seien ,,Impfstoffe, die auf Prinzipien beruhten, die man auch bei anderen Impfungen anwendet”.
Welche Impfstoffe gegen Covid-19 könnten noch bald kommen?
Mehrere Produkte sind im sogenannten Rolling-Review-Verfahen der EMA schon in der Begutachtung, obwohl noch nicht alle Teile des Zulassungsantrags vorliegen. Die Impfstoffe der Hersteller Sinovac und Valneva (Frankreich) enthalten beispielsweise abgetötete Coronaviren.
Lohnt es sich, auf andere Impfstoffe zu warten?
,,Wenn sich jemand nur mit einem solchen Impfstoff impfen lassen will, dann ist das immer noch besser als komplett ungeimpft zu sein”, sagt Immunologe Watzl. Darauf zu warten hält er aber für unklug – Novavax komme erst nächstes Jahr, Valneva frühestens im zweiten Quartal 2022.
,,Wer auf diese Impfstoffe wartet, ist noch längere Zeit ungeschützt. Daher: Lieber jetzt impfen als warten.” Selbst der Chef des Herstellers Valneva hält von Zögern wenig. ,,Ich rate niemandem, auf unseren Impfstoff zu warten”, sagte Thomas Lingelbach, Geschäftsführer des französischen Biotechnologieunternehmens, dem ,,Spiegel”. ,,Das wäre ethisch inakzeptabel.” Er empfehle Verwandten und Bekannten zurzeit Impfstoffe der anderen Hersteller und habe sich selbst kürzlich mit dem mRNA-Produkt von Biontech boostern lassen.
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