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Praxis-Wissen kompakt

30. Juni 2022
Registerdaten aus Dänemark

Wie lange noch? Online-Tool zeigt Lebenserwartung für 1.800 Krankheiten

Viele Menschen möchten gerne wissen, wie hoch ihre Lebenserwartung ist und inwieweit sie durch verschiedene Krankheiten verkürzt wird. Im „Danish Atlas of Disease Mortality“ kann man sich mit wenigen Klicks darüber informieren, welche verbleibende Lebenszeit die dänische Bevölkerung im statistischen Mittel zu erwarten hat. 1,2

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Paar Gespräch

Autorin: Maria Weiß | Redaktion: Alisa Ort

Registerdaten von knapp 7,5 Millionen Menschen

Die Arbeitsgruppe von Oleguer Plana-Ripoll von der Universität Aarhus nutzte für ihren Atlas Registerdaten von 7,4 Millionen Menschen, die in den Jahren 2000 bis 2018 in Dänemark gelebt haben. Jeder Einwohnende hat hier eine persönliche Identifikationsnummer, die in allen landesweiten Registern benutzt wird. Dadurch konnte für 1.803 verschiedene Erkrankungen unter Berücksichtigung des Alters ermittelt werden, wie lange die Betroffenen nach der Diagnose noch lebten und wie viele Lebensjahre durch die Erkrankung im Mittel verloren gingen.  Etwa 1 Million Todesfälle im 19-jährigen Beobachtungszeitraum konnten ausgewertet werden. Die Mortalitätsraten der unterschiedlichen Krankheiten wurden mit der Mortalitätsrate in der altersentsprechenden Gesamtbevölkerung verglichen.

Screenshot vom Mortalitäts-Atlas
Abb.1: Danish Atlas of Disease Mortality
Screenshot vom Mortalitäts-Atlas
Abb.1: Danish Atlas of Disease Mortality

Das Studienteam fokussierte sich in seiner Publikation in PLoS Medicine auf 39 Erkrankungen, die in 10 Gruppen zusammengefasst wurden (Herz-Kreislauferkrankungen, endokrine Erkrankungen, Lungenerkrankungen, gastrointestinale Erkrankungen, urogenitale Erkrankungen, muskuloskelettale Erkrankungen, hämatologische Erkrankungen, Krebs, psychische und neurologische Erkrankungen).

Bei chronischen Lebererkrankungen Lebenserwartung am stärksten verkürzt

Für 37 der 39 Erkrankungen wurde eine Verkürzung der Lebenserwartung im Vergleich zur Gesamtbevölkerung gezeigt. Am größten war der Verlust an Lebensjahren bei chronischen Lebererkrankungen (-17,05 Jahre) – am geringsten bei Allergien (-0,31 Jahre). Ein Verlust von 5-10 Lebensjahren zeigte sich für Herzinsuffizienz, PAVK, Schlaganfall, Diabetes mellitus, chronische Lungen- und Nierenerkrankungen, Anämien, Parkinson-Syndrom, MS und psychiatrische Störungen. Menschen mit Epilepsie müssen mit einer Reduktion der Lebenserwartung um etwa 13 Jahre rechnen – Krebspatienten mit einem Verlust von im Mittel 10 Jahren. Keine Verkürzung der Lebenserwartung zeigte sich bei Patienten mit Migräne oder Hörproblemen – hier war die Lebenserwartung überraschenderweise sogar etwas höher als in der Gesamtbevölkerung.

Die 10 Erkrankungen mit der höchsten Lebenszeitverkürzung

10 Erkrankungen mit der höchsten Lebenszeitverkürzung
Abb. 2: Die 10 Erkrankungen mit der höchsten Lebenszeitverkürzung.
10 Erkrankungen mit der höchsten Lebenszeitverkürzung
Abb. 2: Die 10 Erkrankungen mit der höchsten Lebenszeitverkürzung.

Stärkerer Verlust an Lebenserwartung bei Erkrankung im jüngeren Alter

Bei den altersspezifischen Mortalitätsraten-Vergleichen (MRRs) war der größte Unterschied zur Normalbevölkerung naturgemäß bei Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter zu beobachten. Nicht bei allen Erkrankungen erfolgte die Abnahme des Unterschieds aber linear – bei gastrointestinalen und psychischen Erkrankungen nahm der Unterschied zuerst noch etwas zu, bevor er im Alter dann abnahm. Bei den meisten Erkrankungen war der Unterschied in der Mortalitätsrate in den ersten 6 Monaten nach der Diagnose am höchsten.

Ein Beispiel aus dem Atlas: 279.142 Däninnen und Dänen sind im mittleren Alter von 65,1 Jahren an einem Typ-2-Diabetes erkrankt. Ihr mittleres Sterbealter liegt bei 78,5 Jahren, was einem Verlust von Lebenserwartung von 5,73 Jahren im Vergleich zur Normalbevölkerung und einer Mortalitätserhöhung um den Faktor 2,29 entspricht. Je früher man erkrankt, umso größer ist der Verlust an Lebenserwartung. Männer, die bereits im 40. Lebensjahr an Diabetes erkranken, verlieren im Schnitt 10,4 Jahren, Frauen 10,3 Jahre. Bei einer Diabetesdiagnose mit 70 Jahren liegt der Verlust an Lebenserwartung dagegen nur bei etwa 4 Jahren.

Limitationen

Als Limitation geben die Autorinnen und Autoren an, dass die Assoziation zwischen den verschiedenen Erkrankungen und der Mortalität theoretisch auch auf anderen Faktoren wie z.B. gemeinsamen Risikofaktoren beruhen könnten.

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