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Praxis-Wissen kompakt

22. Juli 2020
Deutscher Schmerz- und Palliativtag

Appell an Schmerzmediziner: „Bitte nicht in den Ruhestand gehen!“ 

Am Dienstag startete der Deutsche Schmerz- und Palliativtag, der in diesem Jahr erstmalig komplett online stattfindet. Auf der Auftakt-Pressekonferenz forderte der Kongresspräsident Dr. Johannes Horlemann angesichts der Zunahme chronischer Schmerzpatienten die Sicherung der schmerzmedizinischen Versorgung durch eine rechtssichere Bedarfsplanung. 1

Lesedauer: ca. 2 Minuten

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Redaktion: Marina Urbanietz

Mindestens 10.000 ausgebildete Schmerzmediziner nötig 

Aufgrund der aktuellen demographischen Entwicklung nimmt der Anteil der Patienten mit chronischen Schmerzen in Deutschland kontinuierlich zu. Aktuell leiden über 3,4 Millionen Menschen unter schwersten chronischen Schmerzen. Dem stehen rund 1.200 ambulant tätige Schmerzmediziner gegenüber. Für eine flächendeckende Versorgung wären aber mindestens 10.000 ausgebildete Schmerzmediziner nötig.  

Schmerzmedizin bisher nicht in der Bedarfsplanung berücksichtigt 

Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) übernehme hier Verantwortung und biete Ärzten, Physiotherapeuten, Apothekern und medizinischem Fachpersonal umfangreiche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen an, betont Dr. Johannes Horlemann, Kongresspräsident des Deutschen Schmerz- und Palliativtages und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin.   

„Aber auch die Politik und Kassenärztliche Vereinigungen müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, indem die Schmerzmedizin endlich in der Bedarfsplanung berücksichtig wird“, sagt er weiter. Da es aktuell weder eine geregelte Ausbildung noch eine Facharzt-Qualifikation für Schmerzmediziner gibt, wird das Fachgebiet Schmerzmedizin bisher nicht in der Bedarfsplanung berücksichtigt. „Wenn beispielsweise ein schmerzmedizinisch tätiger Neurologe in den Ruhestand geht, sieht die aktuelle Bedarfsplanung die Neubesetzung dieses Kassensitzes durch einen Neurologen vor, unabhängig von seiner Spezialisierung“, weist Dr. Horlemann auf die aktuelle Problematik hin. 

„Aktuelle Zustände für Patienten mit chronischen Schmerzen finde ich schlimm“

Es brauche einen parteiübergreifenden Willen, um die schmerzmedizinische Versorgung endlich zu sichern. „An dieser Willensbildung arbeitet die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin gerade sehr intensiv durch multiple Kontakte und Gespräche, die wir mit Bundestagsabgeordneten führen“, sagt Dr. Horlemann.  

„Denn es kann ja nicht sein, dass ein Patient mit einer schweren chronischen Erkrankung und einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität im Mittel mehrere Jahre braucht, bis endlich eine Diagnose gestellt wird. Und dann heißt es ja noch lange nicht, dass auch tatsächlich eine Therapie eingeleitet wird. Die aktuellen Zustände für die Patienten mit chronischen Schmerzen finde ich schlimm“, so der Kongresspräsident. 

Appell an ältere Kollegen: „Bitte nicht in den Ruhestand gehen!“ 

Die heutige Schmerzmedizin in Deutschland lebe von älteren Ärztinnen und Ärzten, die kurz vor dem Ruhestand stehen oder auch nach dem Erreichen des Rentenalters weiterhin ärztlich tätig sind. „Ohne das Engagement der „Silver Worker“ wäre eine Aufrechterhaltung der schmerzmedizinischen Versorgung überhaupt nicht möglich. Ich selber bin 65 Jahre alt und werde die nächsten Jahre sicherlich noch aktiv sein, weil ich – wie viele meiner Kollegen auch – keine Nachfolger sehe, die unter den derzeitigen Bedingungen als Schmerzmediziner im stationären oder ambulanten Bereich arbeiten wollen“, betont Dr. Horlemann in seinem Schlusswort. 

„Deshalb fordere ich meine älteren Kolleginnen und Kollegen immer wieder auf, nicht in den Ruhestand zu gehen, weil sonst die Gefährdung der Schmerzmedizin tatsächlich real wird“, so der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin. 

Quellen

1. Auftakt-Pressekonferenz im Rahmen des Deutschen Schmerz- und Palliativtages 2020, 21. Juli 2020. Mehr Informationen >>

Bildquelle: © gettyImages/PeopleImages

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