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Praxis-Wissen kompakt

15. Apr. 2021
Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2021

Personalisierte Akuttherapie bei Migräne

Lediglich ein Bruchteil der Migränepatienten ist nach der Einnahme von Schmerzmitteln schmerzfrei. Für eine gut wirksame Akuttherapie sollte sowohl die optimale Dosierung als auch die Darreichungsform individuell mit dem Patienten erprobt und abgestimmt werden.

Lesedauer: ca. 2 Minuten

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Dieser Beitrag basiert auf dem Vortrag von Herrn PD Dr. med. Charly Gaul, Chefarzt für Migräne, auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2021: „Schwere Migräneanfälle adäquat behandeln – differenzierter Einsatz der Akuttherapie“. Redaktion: Dr. Linda Fischer

Spektrum erhältlicher Medikamente ausschöpfen

Sprechen Migränepatientinnen oder -patienten nicht auf Analgetika an, stehen für die Akuttherapie von Migräneattacken in Deutschland sieben verschiedene Triptane zur Auswahl, die sich untereinander hinsichtlich des Wirkeintritts, der Wirkstärke und der Wirkungsdauer unterscheiden.

Bei der spezifischen Auswahl der Substanzen empfiehlt der Referent PD Dr. med. Charly Gaul, das Spektrum der erhältlichen Medikamente bezüglich Dosierung und Applikationsform auszuschöpfen: „Probieren Sie aus. Schreiben Sie dem Patienten beim ersten Mal zwei Substanzen mit jeweils drei Tabletten auf – mit dem Rat, beide jeweils in drei Attacken zu testen.“ So kann der oder die Betroffene anschließend auswählen, welche Substanz für ihn oder sie geeignet ist. Alternativ können bei erfolgloser Therapie andere Darreichungsformen oder eine Kombination mit dem langwirksamen Analgetikum Naproxen in Betracht gezogen werden. 2,3

Therapieerfolg hängt ab von Wirkeintritt und Nebenwirkungen

Ob die zu behandelnde Person mit der Akuttherapie zufrieden ist, hängt laut Charly Gaul von folgenden Faktoren ab:

  • Dauer bis zum Wirkeintritt und bis zur Schmerzfreiheit
  • Komplette oder nur partielle Schmerzbeseitigung
  • Zuverlässigkeit der Therapie
  • Wiederkehr der Kopfschmerzen
  • Nebenwirkungen

Goldstandard: Subkutan injiziertes Sumatriptan

Den schnellsten Wirkeintritt in der Akuttherapie von Migräneattacken verspricht derzeit die subkutane (s.c.) Injektion von Sumatriptan. In einer Placebo-kontrollierten Studie von 2018 wurde das Triptan an insgesamt 268 Erwachsenen mit episodischer Migräne erprobt.

Das Ergebnis: Zu jedem Zeitpunkt innerhalb von 120 Minuten nach der Applikation war der Wirkstoff dem Placebo hinsichtlich Schmerzfreiheit und Schmerzreduktion statistisch signifikant überlegen. Darüber hinaus besserten sich die Begleitsymptome der Migräne und die Rate der sonst häufig beschriebenen Nebenwirkung von Druck auf der Brust betrug lediglich 1,3 %. 4

Höhere Dosis: Mehr Nebenwirkungen

Hinsichtlich der empfohlenen Dosierung des Triptans gibt Charly Gaul zu bedenken, dass eine niedrigere Dosierung zwar eine geringere Wirkung mit sich bringen könnte, jedoch basierend auf den Studienergebnissen, oft weniger Nebenwirkungen hervorruft.

Die subkutane Injektion dieses Wirkstoffes empfiehlt er insbesondere bei  

  • Patienten mit Erbrechen und Übelkeit,
  • Patienten, bei denen die Migräne ein rasches Schmerzmaximum entwickelt,
  • frühmorgendlichen Migräneattacken,
  • Patienten mit mittleren oder schweren Migräneattacken und bei
  • Patienten, die mit oralen oder nasalen Triptanen nicht ausreichend behandelt sind.

Dahingegen rät Charly Gaul von einer Injektion ab bei

  • Patienten, die mit einem Analgetikum oder einem oralen Triptan ausreichend behandelt sind,
  • Patienten mit Kontraindikationen gegen Triptane, wie etwa kardiovaskuläre Einschränkungen, schwere Leberfunktionsstörungen oder Co-Medikation mit MAO-Hemmer,
  • Spritzenphobie,
  • Schwangerschaft, aufgrund der begrenzten Datenlage, und bei
  • Kindern, Jugendlichen und Personen nach dem 65. Lebensjahr, da es für diese Altersgruppen keine Zulassung gibt.
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