Was kann der Stuhltest – und was nicht?
Schnell, einfach, nicht invasiv: Die Vorteile des Tests auf okkultes Blut im Stuhl liegen auf der Hand. Doch die Methode hat auch ihre Grenzen. Professor Frank Kolligs, Chefarzt der Inneren Medizin und Gastroenterologie am Helios Klinikum Berlin-Buch, gibt einen kompakten Überblick über die Vor- und Nachteile des iFOB-Tests.
Lesedauer: ca. 3 Minuten

Interview: Marina Urbanietz
Welchen Patientinnen und Patienten würden Sie den iFOB-Test empfehlen?

Grundsätzlich haben alle gesetzlich Versicherten ab dem 50. Lebensjahr einmal im Jahr einen Anspruch auf die Durchführung eines Stuhltests. Deswegen würde ich allen Patientinnen und Patienten diese einfache, schnelle und nicht invasive Untersuchung wirklich ans Herz legen. Mehr zur Darmkrebsfrüherkennung, den dazu infrage kommenden Patientengruppen sowie zur Abrechnung finden Sie auf der Seite der KBV.
Hat der Test auch Nachteile?
Am naheliegendsten ist eine geringere Genauigkeit im Vergleich zur Koloskopie. Der sogenannte fäkale okkulte Bluttest erfolgt auf immunologischer Basis (abgekürzt als iFOB-Test). Er hat eine bis zu 80%ige Sensitivität und eine 95%ige Spezifität für Karzinome, was ich als sehr gut bezeichnen würde. Die Koloskopie ist jedoch noch effizienter: Bei regelmäßiger Anwendung (alle 10 Jahre bei unauffälligem Befund) könnten 80 bis 90 % aller Darmkrebsfälle verhindert werden. Beim Stuhltest wären es laut aktuellen Daten bis zu 70 %. Die Darmspiegelung ist und bleibt also das sensitivste Verfahren für die Detektion von Läsionen im Dickdarm.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die regelmäßige Durchführung: Nur wenn der Stuhltest anfangs einmal im Jahr und im Verlauf dann alle zwei Jahre durchgeführt wird, kann er seine volle Wirksamkeit entfalten. Ein Polyp oder ein Karzinom blutet nicht ständig, mehr noch: Nicht jeder Polyp und nicht jedes Karzinom blutet überhaupt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Wiederholung des Tests alle ein bis zwei Jahre – im Gegensatz zur Koloskopie, die, wenn sie unauffällig war, nur alle zehn Jahre wiederholt werden muss.
Als weiteren Nachteil würde ich die Rate falsch-positiver Ergebnisse bezeichnen. Denn ein positiver Stuhltest zieht immer eine Koloskopie nach sich. Und ein positiver iFOBT geht sicher oft erst einmal mit einem Schrecken einher.
Was sind die häufigsten Ursachen eines positiven iFOB-Tests?
Ein positiver Stuhltest kann verschiedene Ursachen haben:
- Polypen
- Darmkrebs
- Geschwüre oder Tumoren des Dünndarms, Magens oder Divertikel
- Darmentzündung
- Hämorrhoiden und weitere Erkrankungen/Verletzungen des Enddarms
Alle bisherigen Erkenntnisse bezüglich der Effizienz des iFOB-Tests basieren auf den Daten, die aus unterschiedlichen Ländern stammen, jedoch nicht aus Deutschland.
Ja, richtig. Die Darmkrebsvorsorge ist hierzulande seit 2002 als gesetzliche Krankenkassenleistung verankert, doch das Einladungsverfahren, wodurch viele wertvolle Daten erhoben werden, gibt es noch nicht lang. Aber ich denke, dass wir in fünf bis zehn Jahren zuverlässige Daten auch für Deutschland haben werden.
Haben Sie Interesse an weiteren Themen rund um Darmkrebsvorsorge?
Am 1. März 2023 findet das kostenfreie Live-Online-Fachsymposium „Darmkrebsvorsorge 3.0“ statt, organisiert durch den Verein Netzwerk gegen Darmkrebs e.V. in Kooperation mit der Felix Burda Stiftung und den beiden großen Münchener Uniklinika rechts der Isar der TUM und dem LMU Klinikum München.
Für die Teilnahme an der Veranstaltung werden insgesamt 5 CME-Punkte vergeben.
Das Programm am 1. März 2023 im Überblick:
13:00 – 13:50 Uhr: Begrüßung
StMin Klaus Holetschek, Dr. Berndt Birkner, Dr. Martin Siess, Prof. Dr. Markus Lerch, Christian Bredl, Prof. Mark Pochapin
13:50 – 15:15 Uhr: Nationale Darmkrebsvorsorge 2023
Vorsitz: Univ.-Prof. Dr. med. Roland M. Schmid
- Darmkrebs-Inzidenz ließe sich halbieren
Prof. Dr. Hermann Brenner - Der iFOBT, Vorsorge für zuhause:
Über das Erfolgsmodell Stuhltest
Prof. Dr. med. Frank Kolligs - Die Vorsorge-Koloskopie – Evidence matters:
Ist NORDICC ein Qualitätsmesser?
Prof. Dr. med. Thomas Rösch
Über die Studienergebnisse hat coliquio hier berichtet >> - Die Einladung zum organisierten Darmkrebsfrüherkennungs-Programm
Dr. rer. medic. Klaus Koch
15:15 – 16:00 Uhr: Pause
16:00 – 18:20 Uhr: Zukunft der nationalen Darmkrebsvorsorge
Vorsitz: Prof. Dr. Julia Mayerle
- Modellierung des DKFZ zeigt düstere Zukunft
PD Dr. Michael Hoffmeister - Ohne Fachkräfte keine Vorsorge
Barbara Kronfeldner - Die Zukunft der Vorsorgekoloskopie – gesichert oder ungesichert? Sicht der Gastroenterologen/Innen
Prof. Dr. med. Leopold Ludwig - Digitale Zeitenwende in der Medizin:
(ungenutzte) Chancen für die Darmkrebsvorsorge
Dr. Bernhard Gibis - Young Onset CRC, Bedeutung, Vorsorge, Entwicklung
Prof. Dr. med. Thomas Theodor Werner Seufferlein - Erblicher Darmkrebs, Erkennung, Vorsorge, Entwicklung
Prof. Dr. med. Dipl.-Chem. Elke Holinski-Feder - Evidenzbasierte Gesundheitsinformation und Teilnahme an der Darmkrebsfrüherkennung
Prof. Dr. phil. Ulla Walter
18:20 – 18:40 Uhr: Zusammenfassung und Fazit der Veranstaltung
Prof. Dr. med. Markus M. Lerch, Dr. Martin Siess
Verabschiedung
Dr. Berndt Birkner AGAF FASGE FACP FEBG