Titelbild von Praxis-Wissen kompakt
Logo von Praxis-Wissen kompakt

Praxis-Wissen kompakt

19. Dez. 2024
Studie

Akupunktur lindert Ischiasschmerz auch bei Bandscheibenvorfall

Menschen mit chronischem Ischiaschmerz bei einem dokumentierten Bandscheibenvorfall könnten von einer Akupunktur profitieren. In einer randomisierten klinischen Studie1 aus China ließ sich bei Betroffenen mit zehn Akupunktursitzungen eine stärkere Schmerzlinderung erzielen als mit einer Scheinakupunktur. 

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Randomisierte Studie: Akupunktur lindert Ischiasschmerz auch bei Bandscheibenvorfall
(Foto: Getty Images | miljko)

Autorin: Maria Weiß

Wird die Ischiasnervenwurzel direkt durch den Druck einer prolabierten Bandscheibe gereizt, können chronische Schmerzen resultieren, die oft stärker sind als bei anderen Formen der chronischen Lumbalgie. Bei fehlenden neurologischen Ausfällen wird in der Regel konservativ mit Analgetika, physikalischer Therapie und Physiotherapie behandelt. 45 % der Betroffenen mit chronischem Ischiasschmerz leiden aber auch nach einem Jahr noch unter Schmerzen und 34 % noch nach zwei Jahren, was den Wunsch nach alternativen Behandlungsmethoden weckt.   

Für die Akupunktur, die ein fester Bestandteil der traditionellen chinesischen Medizin ist, wurde bereits in Studien ein langanhaltender positiver Effekt bei chronischen Schmerzen gezeigt. Die Qualität der Studien lässt aber oft zu wünschen übrig. In der Studie von Jian-Feng Tu von der Universität für chinesische Medizin in Peking und seinem Team wurde die „echte“ Akupunktur daher mit einer für die Behandelten nicht unterscheidbaren Scheinakupunktur verglichen.   

Ischiasschmerz im Schnitt seit drei Jahren

Insgesamt nahmen 216 Personen (68,1 % Frauen, 31,9 % Männer, mittleres Alter 51 Jahre) mit im Schnitt seit drei Jahren bestehendem chronischem Ischiasschmerz und Bandscheibenvorfall (L2/L4, L4/L5 oder L5/S1) an der Studie teil. Die Daten von 200 Teilnehmenden gingen in die Endauswertung ein. Die Akupunktur wurde von einem erfahrenen Akupunkteur mit mindestens dreijähriger Berufserfahrung durchgeführt. In der Akupunkturgruppe wurden dafür definierte Punkte je nach vorherrschendem Schmerzbild gewählt: Die Nadeln wurden bilateral an den Punkten Dachangshu (BL5) und Guanyuanshu (BL26) im unteren Rücken gesetzt. Bei seitlich ausstrahlenden Schmerzen wurden auch die Punkte Huantiao (GB30), Fengshi (GB31), Xiyangguan (G33), Yanglingquan (GB34) oder Xuanzhong (GB39) einbezogen. Bei Schmerzen im hinteren Bereich gehören die Punkte Zhibian (BL36), Chengfu (BL40), Weizhong (BL54), Chengshan (BL57) oder Kunlun (BL60) mit dazu. Die Akupunktur erfolgte in 10 Sitzungen, die Nadeln wurden jeweils für 30 Minuten belassen. Bei der Scheinakupunktur wurden 6 stumpfe Nadeln und eine echte Nadel an Punkten gesetzt, die erfahrungsgemäß keine Wirkung erzielen.

Primäre Endpunkte der Studie waren die Schmerzangaben auf einer visuellen Analogskala (VAS, 0-100 mm) und die durch den Schmerz bedingten Einschränkungen (Oswestry Disability Index ODI von 0 bis 100). Die minimalen klinisch bedeutsamen Unterschiede für VAS und ODI liegen bei 15 mm bzw. 7 Punkten. Zu Beginn lag die mittlere Schmerzintensität bei 60 mm und der ODI bei 33 Punkten.

Nach 10 Sitzungen deutlicher Vorteil im Vergleich zur Scheinakupunktur

Nach 10 Akupunktursitzungen innerhalb von vier Wochen war der Schmerz um 30,8 mm VAS zurückgegangen, in der Scheinakupunktur-Gruppe dagegen nur um 14,9 mm. Die Differenz von 16 mm war somit knapp klinisch bedeutsam und statistisch signifikant. Auch in Bezug auf die schmerzbedingten Einschränkungen schnitt die echte Akupunktur in Woche 4 besser ab (ODI-Verbesserung um 13 Punkte vs. 4,9 Punkte). Auch dieser Unterschied war klinisch relevant. Nach 52 Wochen hatten Schmerzen und die Beeinträchtigungen in beiden Gruppen weiter nachgelassen, es war aber immer noch ein statistisch signifikanter Unterschied erkennbar. Nebenwirkung der Akupunktur wie Schmerzen und Einblutungen an der Nadelstelle waren leicht und selbstlimitierend, schwerere Komplikationen traten nicht auf. 

Als Limitation gibt das Autorenteam u.a. an, dass die Behandelnden naturgemäß nicht verblindet waren. Dies wurde versucht durch eine standardisierte Kommunikation mit den Patienten und Patientinnen auszugleichen. 

Nach Einschätzung der Autoren ist die Akupunktur eine potenziell wirksame Therapieoption bei Patienten mit Badscheibenvorfall und chronischen Ischiasschmerz. In weiteren Studien sollte der Effekt mit NSAR und operativen Eingriffen verglichen werden.

Impressum anzeigen
Loading...

Zurück zum Seitenanfang