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Der besondere Fall

11. März 2022

Mann hört nach Pneumonie die Stimme Gottes

Ein 50-jähriger Schweizer ohne psychiatrische Vorerkrankungen wird aufgrund einer Lungenentzündung mit Antibiotika behandelt. Nach wenigen Tagen fallen seiner Familie Verhaltensänderungen auf, die immer seltsamer werden.1

Lesedauer: ca. 2 Minuten

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Redaktion: Christoph Renninger

Gewöhnliche Diagnose und Therapie

Der zuvor vollkommen gesunde Patient erhält in einer Klinik die Diagnose einer Pneumonie im basalen Bereich des linken Lungenflügels. Eine Therapie mit Amoxicillin/Clavulansäure (1 g, 3 x täglich) wird begonnen und der Mann nach Hause entlassen. Da die respiratorischen Symptome weiter anhalten, kommt der 50-Jährige am nächsten Tag wieder in das Krankenhaus und die Therapie wird auf das Makrolid-Antibiotikum Clarithromycin (500 mg, 2 x täglich) umgestellt.

Zwei Tage nach der Verordnung des zweiten Antibiotikums stellen die Familienmitglieder eine fortschreitende Veränderung des Verhaltens fest. Es kommt zu ungewöhnlichem Redefluss, Reizbarkeit, erhöhter körperlicher Aktivität und euphorischer Stimmung. Außerdem glaubt der Patient, mit Gott in Kontakt zu stehen.

Aufgrund dieses Verhaltens bringt die Familie den Mann wieder in die Klinik, woraufhin dieser in das Universitätsklinikum in Genf verlegt wird. Es bestehen keine bekannten Allergien, der Mann raucht nicht, trinkt keinen Alkohol und nimmt keine Drogen oder regelmäßig Medikamente ein. Antibiotika hatte er zuvor auch noch keine erhalten.

Sterbewahrnehmung und ein himmlischer Auftrag

Bei der psychiatrischen Untersuchung berichtet der Patient, dass er in der ersten Nacht nach Beginn der Behandlung das Gefühl hatte, zu sterben und es zu akustische Halluzinationen kam, in denen Gott zu ihm sprach und sagte, er hätte eine besondere Mission für ihn. Die behandelnde Psychiaterin stellt zudem folgendes fest:

  • vertrauensvoll und offen im Gespräch,
  • leicht erhöhte psychomotorische Aktivität,
  • Reizbarkeit,
  • Logorrhö,
  • gehobene Stimmung,
  • Einschlafschwierigkeiten,
  • akustische Halluzinationen,
  • stimmungsabhängige religiöse Wahnvorstellungen.

Die Antibiotikatherapie wird umgehend abgesetzt und der Patient erhält Lorazepam (2,5 mg) zur Therapie der psychomotorischen Agitation. In den folgenden 12 Stunden kommt es zu seiner Besserung der Symptome. Der Mann erkennt seine Wahnvorstellung und es treten keine Halluzinationen mehr auf. Er stimmt einer antipsychotischen Therapie zu, sollte diese notwendig werden. Eine manische Episode wird diagnostiziert und der 50-Jährige stationär aufgenommen.

Diagnose und Auflösung

Welche Diagnose das Team des Universitätsklinikum stellt, wie es dem Patienten weiter ergeht und wie die Symptome möglicherweise erklärt werden können, lesen Sie im zweiten Teil des Beitrags.

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