Tod einer 23-Jährigen nach nächtlichem Bettnässen
Episoden von nächtlichem Bettnässen bei erwachsenen, vorher kontinenten Menschen sollten immer ernst genommen werden. Zahlreiche Differenzialdiagnosen müssen bedacht werden – darunter auch potenziell lebensbedrohliche Probleme. Dies zeigt der Fall einer jungen Frau, die nach zwei Enuresis-Episoden wenige Jahre zuvor plötzlich mit 23 Jahren im Schlaf verstarb.1
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Autorin: Maria Weiß, redaktionelle Bearbeitung: Alisa Ort
Im Alter von 18 und 20 Jahren mit einer Enuresis-Episode vorgestellt
Die vermeintlich gesunde junge Frau hatte sich jeweils im Alter von 18 und 20 Jahren mit einer Enuresis-Episode vorgestellt, berichten Ehud Chorin et al. vom Sourasky Tel Aviv Medical Center in Israel. Bei beiden Episoden fühlte sie sich nach dem Aufstehen gut und war nur durch das nasse Laken aufgewacht. Sie hatte ansonsten keine Symptome, nahm weder Medikamente noch Drogen und trank keinen Alkohol. Urin-Tests und ein abdominaler Ultraschall waren unauffällig. Die Ärzte vermuteten damals einen (nicht bestätigten) Harnwegsinfekt, der empirisch mit Antibiotika behandelt wurde. Drei Jahre nach der letzten Episode wurde sie tot im Bett aufgefunden.
Umfrage unter Hausärzten und Internisten
Aufgrund des tragischen Ausgangs startete das Team um Chorin nach Bekanntwerden des Falls eine anonyme Online-Umfrage, in der insgesamt 346 Ärztinnen und Ärzte aus den Bereichen Pädiatrie, Allgemeinmedizin und Innere Medizin gefragt wurden, welche diagnostischen Schritte sie bei einer 20-Jährigen mit zwei Enuresis-Episoden unternehmen würden.
Am häufigsten nannten die Befragten folgende diagnostischen Optionen:
- Urinuntersuchung (Analyse und Kultur) (> 50 %)
- Blutanalyse (vollständiges Blutbild, Stoffwechseluntersuchung, HbA1c) (jeweils ca. 40–50 %)
- Ultraschalluntersuchungen (ca. 40 %)
- Überweisung an Urologen (knapp 25 %)
- EEG zum Ausschluss einer Epilepsie (ca. 20 %)
Ein zusätzlich befragter Enuresis-Experte wies darauf hin, dass „idiopathisches Bettnässen“ aufgrund des Alters und der sporadischen Natur in diesem Fall eher unwahrscheinlich ist. Mögliche Differenzialdiagnosen umfassen vor allem Medikamente – einschließlich Diuretika zum Abnehmen oder heimlich in den Drink geschüttete Sedativa. Auch eine nächtliche Polyurie kann in Erwägung gezogen werden. Als weitere Untersuchungen schlug der Experte eine Zystometrie, eine Polysomnographie zur Diagnose von Schlafstörungen sowie ein Kopf-MRT zum Ausschluss neurologischer Erkrankungen wie MS vor.
Wie sich im Nachhinein herausstellte, hätte jedoch nur eine einzige Untersuchungsmethode, die 1,1 % der Befragten nannten, der jungen Frau möglicherweise das Leben retten können.
Familienanamnese bringt den entscheidenden Hinweis
Erfahren Sie im zweiten Teil des Beitrags, an was die junge Frau gestorben ist.
1. Chorin E et al. Bedwetting from the heart: Time for a paradigm shift in the minimal diagnostic evaluation of enuresis. Heart Rhythm 2022;19(5): 862-865
Bild: © Getty Images/jes2ufoto