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Der besondere Fall

05. Nov. 2021

Karl II., der „verhexte König“ von Spanien

Der spanische König Karl II. litt zeitlebens an einer Vielzahl von Krankheiten und Störungen. Manch einer vermutete Hexerei und teuflische Einflüsse. Ein australisches Forschungsteam kam jüngst zu neuen Ergebnissen. Eine medizinische Spurensuche in der Geschichte.

Lesedauer: ca. 2 Minuten

Links: Carlos II. von Spanien, Juan Carreño de Miranda (Wikipedia, gemeinfrei). Mitte: Carlos II. von Spanien, Anonym (Wikipedia, gemeinfrei). Rechts: Phillip IV. von Spanien, Velazquez (Wikipedia, gemeinfrei).
Links: Carlos II. von Spanien, Juan Carreño de Miranda (Wikipedia, gemeinfrei). Mitte: Carlos II. von Spanien, Anonym (Wikipedia, gemeinfrei). Rechts: Phillip IV. von Spanien, Velazquez (Wikipedia, gemeinfrei).

Autor: Carlos Sierra, PhD. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Sebastian Schmidt

Er lebte von 1661 bis 1700 und war der letzte König der spanischen Habsburger Dynastie: Karl II. Zeitlebens litt er unter einer schlechten Konstitution und Störungen wie Entwicklungsverzögerung, geistige Behinderung, Dysarthrie, Skelettdeformierungen, wiederkehrende Infektionen, Epilepsie und Unfruchtbarkeit.

Die Ursache für das Leiden von Karl II. bleibt bis heute unbekannt. Über die Jahrhunderte wurden mehrere Hypothesen aufgestellt, von denen jedoch keine das Ausmaß seiner Beschwerden vollständig erfasst. Eine neue Erklärung wird von Forschenden der Universität Sydney und des Westmead Hospital (Australien) Ende September in der Fachzeitschrift BMJ Neurology Open veröffentlicht. Sie argumentieren, dass Karl II. an einer sehr seltenen Erbkrankheit gelitten haben könnte, die zur Gruppe der lysosomalen Speicherkrankheiten und der Glykoproteinose gehört.

Die physischen und psychischen Probleme von Karl II.

Zeitgenössische Quellen beschrieben den letzten Habsburger auf dem spanischen Thron als „dickköpfig“ und als „schwaches Baby an der Brust“. Im Alter von 3 Jahren waren seine Schädelknochen noch nicht miteinander verwachsen. Mit 4 Jahren konnte er nicht sprechen und wenn, dann nur mit vermindertem Redefluss, was auf eine Dysarthrie zurückzuführen sein könnte. Bis zum Alter von 6 Jahren konnte er nicht laufen. Darüber hinaus hatte er eine schwere geistige Behinderung und eine ausgeprägte psychiatrische Störung.

Weitere Symptome waren:

  • Durchfall
  • Lungeninfektionen
  • Unfruchtbarkeit
  • Krampfanfälle
  • Herpetische Ausschläge auf beiden Wangen
  • Schwere Essschwierigkeiten (Sabbern)

Am auffälligsten an Karl II. war jedoch sein Gesichtsausdruck, der durch zahlreiche Porträts gut dokumentiert ist. Er besaß einen kräftigen, kantigen Kiefer (den berühmten Habsburger Kiefer), eine große Zunge, runde, pralle Lippen, eine flache Nase und eine große, breite Stirn.

Bisherige Vermutungen klären nicht alle Krankheitsmerkmale

Hypopituitarismus in Kombination mit renaler tubulärer Azidose, Fragiles-X-Syndrom, Klinefelter-Syndrom, Hydrozephalus und XX-Männchen-Hermaphroditismus in Verbindung mit dem Fragilen-X-Syndrom wurden zur Erklärung dieses komplexen Krankheitsbildes herangezogen.

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„Keine dieser Hypothesen erklärt jedoch alle Merkmale der Karl-II-Krankheit. So sind die Gesichtszüge des Fragilen-X-Syndroms zwar ähnlich, doch fehlen die klassischen Merkmale wie volle, breite Lippen, ausgeprägter Kiefer und kleine Ohren, die bei Karl II. zu beobachten waren. Auch die häufigen Durchfälle, Skelettveränderungen und Krämpfe lassen sich damit nicht erklären. Ebenso wenig konnte Hypopituitarismus die Makrozephalie, die Gesichtszüge oder andere systemische Aspekte seiner Störung erklären. Auch die vorgeschlagene renale tubuläre Azidose oder der neuere Hydrocephalus können das ganze Bild nicht erklären“, so die Autoren dieser Studie gegenüber Univadis España.

Lesen Sie in Teil 2, zu welcher Diagnose die australischen Forscher kamen.

Woran litt Karl II.? (Teil 2)
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