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Der besondere Fall

25. Aug. 2023
Wenn der Hund zugeschnappt hat

Endokarditis durch Capnocytophaga canimorsus

Ein vorher gesunder 39-jähriger Mann kam mit intermittierendem Fieber, Belastungsdyspnoe und Zeichen einer Herzinsuffizienz ins Krankenhaus. Als wahrscheinliche Ursache erwies sich ein vier Monate zurückliegender Hundebiss durch den Hund eines Freundes.1

Lesedauer: ca. 2 Minuten

Niedlicher kleiner Hund knabbert am Hosenbein
Nicht so harmlos wie dieser Biss (Getty Images / Image source)

Autorin: Maria Weiss | Redaktion: Christoph Renninger

Fieber seit über zwei Monaten

Schon seit zwei Monaten litt der Mann unter intermittierendem Fieber bis 39°C und seit zwei Wochen war ihm eine zunehmende Belastungsdyspnoe aufgefallen. Andere Anzeichen für eine Herzinsuffizienz wie Beinödeme fehlten. Daniel J. Salazar Rodríguez von der Universitätsklinik Málaga, Spanien, und sein Team hörten bei der Auskultation aber ein bisher nicht bekanntes diastolisches Geräusch über der Aorta und Knistern über beiden Lungenbasen. Die Entzündungswerte waren erhöht.

Die unter dem Verdacht einer infektiösen Endokarditis durchgeführte transthorakale und transösophageale Echokardiographie bestätigte eine Vegetation im Bereich des Aortenklappensegels und zeigte ein Pseudoaneurysma der Aortenwurzel und eine Fistel zwischen linkem Ventrikel und rechtem Vorhof. Es bestand eine ausgeprägte aortale Regurgitation. In der Blutkultur wurde Capnocytophaga canimorsus nachgewiesen und daraufhin eine Antibiotikatherapie mit Ceftriaxon eingeleitet.

Zudem entschloss man sich zu einer sofortigen Operation mit Aortenklappenersatz mit biologischer Prothese und Fistelverschluss mit perikardialem Patch. Der postoperative Verlauf wurde durch eine Mediastinitis und eine kardiale Tamponade durch einen perikardialen Abszess kompliziert, was eine weitere Notfalloperation erforderlich machte. Der weitere Verlauf war dann unkompliziert und der Patient konnte zwei Wochen später in guter Verfassung entlassen werden.  

Nur 25 Fälle in der Literatur

Capnocytophaga canimorsus ist ein gramnegatives Bakterium, das bei Hunden zur normalen Mundflora gehört. Der Erreger kann bei Hundebissen, Kratzern oder sehr engem Körperkontakt auf den Menschen übertragen werden und hier verschiedene Infektionen wie fulminante Sepsis oder Meningitis auslösen.

Die infektiöse Endokarditis durch Capnocytophaga canimorsus ist eine sehr seltene Manifestation – bis heute sind in der Literatur nur 25 Fälle beschrieben. Männer waren hier etwas häufiger betroffen als Frauen (69,5 %), das mittlere Alter lag bei 54,4 Jahren und am häufigsten war die Aortenklappe betroffen. Die Endokarditis kann sehr aggressiv verlaufen und einen raschen operativen Klappenersatz notwendig machen. Die Mortalität liegt in der Literatur bei 16 %. 

Infektion auch bei intaktem Immunsystem möglich

Bekannte Risikofaktoren für Infektionen mit Capnocytophaga canimorsus sind anatomische oder funktionelle Asplenie und Alkoholabhängigkeit. Bei dem hier vorgestellten Patienten ließ sich aber bis auf einen gelegentlichen Alkoholkonsum kein Risikofaktor feststellen und es lag auch kein struktureller Herzschaden vor.

Der Fall macht deutlich, dass eine schwere Endokarditis durch Capnocytophaga canimorsus nach Hundekontakt auch bei jüngeren Menschen ohne prädisponierende Vorerkrankungen oder Risikofaktoren auftreten kann.

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