
Herzstillstand nach einem Schluck Bier zu viel
Tod eines Teenagers durch seltene Erkrankung
Geringe Mengen Alkohol führten bei zwei Schwestern im Teenageralter zu einem Herzstillstand, den eine von ihnen nicht überlebte. Erst Jahre später ermöglichte eine Duo-Exon-Sequenzierung die Diagnose einer seltenen autosomal-rezessiven PPA2-bezogenen Mitochondriopathie, die erst 2016 entdeckt wurde.1
Lesedauer: ca. 2 Minuten

Autorin: Maria Weiß | Redaktion: Dr. Nina Mörsch
Die Ursachen für plötzliche, unerwartete Todesfälle bei jungen Menschen lassen sich postmortal oft nicht finden. Dies könnte sich durch die breitete Anwendung genetischer Tests in Zukunft ändern, mit denen man auch seltenen genetischen Erkrankungen auf die Spur kommen kann.
Dies zeigt auch der Fall einer Familie aus Tirol, von der Héctor Hugo Manzanilla-Romero vom Institut für Humangenetik an der medizinischen Universität Innsbruck und seine Arbeitsgruppe berichten.
14-Jährige erleidet nach 2 Flaschen Radler Herzstillstand
Die ältere Schwester trank im Alter von 14 Jahren auf einer Silvesterparty zwei Flaschen Radler und wurde am nächsten Morgen mit einem Herzstillstand gefunden. Sie konnte erfolgreich reanimiert werden. Umfangreiche Untersuchungen des Herzens zeigten verschiedene Abnormalitäten wie Myokarditis, Zeichen einer Fibrose und eine dilatative Kardiomyopathie. Nach erneutem Konsum geringer Alkoholmengen kam es im Alter von 15 Jahren zu einem weiteren Herzstillstand, den sie wieder überlebte. Daraufhin wurde bei einer progressiven chronischen Myokarditis mit langsam zunehmender Herzinsuffizienz ein Defibrillator implantiert.
Schwester verstirbt 3 Jahre später im Schlaf nach 1-2 Bier
Weniger Glück hatte ihre jüngere Schwester, die drei Jahre nach dem Indexereignis bei ihrer älteren Schwester im Alter von 15 Jahren an einem Herzstillstand im Schlaf verstarb. Auch sie hatte vorher ein bis zwei Bier getrunken. Die Autopsie zeigte bei ihr eine akute Myokarditis ohne strukturelle Veränderungen.
Ein Multigen-Panel-Analyse (NGS-Panel für Herzrhythmusstörungen ohne PPA2-Gen) ergab zu diesem Zeitpunkt bei beiden Schwestern und der gesunden Mutter Varianten in den Genen SCN5A und CACNA1D von unklarer Signifikanz.
Diagnose wurde erst Jahre später gestellt
Erst sechs Jahre später ermöglichte die Duo-Exom-Sequenzierung bei beiden Schwestern und der Mutter die Diagnose einer autosomal-rezessiven PPA2-bezogenen Mitochondriopathie, die zum Zeitpunkt der Herzstillstände noch gar nicht bekannt war.
Durch einen Mangel an dem mitochondrialen Enzym Pyrophosphatase Typ 2 (PPA2) kommt es bei dieser seltenen Krankheit bei jungen Betroffenen gehäuft zum plötzlichen Herztod und im Verlauf zu fortschreitenden neurologischen Funktionsstörungen. Bereits geringe Mengen Alkohol können hier Funktionsstörungen des Herzens auslösen, sodass eine lebenslange strikte Alkoholkarenz erforderlich ist.
Der Fall macht deutlich, wie wichtig genetische Tests sein können. Unklare Ergebnisse sollten zudem immer wieder hinterfragt werden, da der Erkenntnisgewinn in diesem Bereich enorm ist und auch sehr seltene Erkrankungen zunehmend erkannt und klassifiziert werden.
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