
Lebender Wurm im Gehirn einer Frau entdeckt
In Australien klagte eine Frau über Bauchschmerzen, Husten und Vergesslichkeit. Bei einer OP fanden Ärzte in ihrem Hirn einen zappelnden Wurm - eine weltweite Premiere.1
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Mit Material der dpa
Spektakulärer Fund bei einer Operation in Australien: In einem Krankenhaus in Canberra haben Ärzte einen lebendigen, acht Zentimeter langen Rundwurm aus dem Gehirn einer 64-jährigen Frau entfernt. Bei dem Parasiten handele es sich um die Spezies Ophidascaris robertsi, die normalerweise nur in Pythons vorkomme, hieß es in einer neuen Studie im Fachmagazin "Emerging Infectious Diseases". Der operierende Neurochirurg sei völlig perplex gewesen und habe Kollegen zurate gezogen, berichtete der australische "Guardian" am Dienstag.
"Lebendig und zappelig"
„Dies ist der erste menschliche Fall von Ophidascaris, der weltweit beschrieben wird", zitierten australische Medien Professor Sanjaya Senanayake, einen führenden Experten für Infektionskrankheiten des Canberra Hospital und Mitautor der Studie. „Unseres Wissens ist dies auch der erste Fall, bei dem das Gehirn einer Säugetierart, ob Mensch oder nicht, betroffen ist." Die Ärzte beschrieben den Wurm als "lebendig und zappelnd".
Die Patientin aus dem Bundesstaat New South Wales hatte Anfang 2021 zunächst 3 Wochen über Bauchschmerzen und Durchfall gefolgt von trockenem Husten und Nachtschweiß geklagt. In der Anamnese wurden ein Diabetes mellitus, eine Hypothyreose und eine Depression angegeben. Sie wurde in England geboren und war 20-30 Jahre zuvor nach Südafrika, Asien und Europa gereist. Sie wurde wegen einer ambulant erworbenen Lungenentzündung mit Doxycyclin behandelt und hatte sich nicht vollständig erholt.
Die Frau wurde daraufhin ins Krankenhaus von Canberra überwiesen. Eine MRT-Untersuchung ihres Gehirns ergab schließlich Anomalien, die eine Operation nötig machten.
„Aber der Neurochirurg hat bestimmt niemals gedacht, dass er einen zappelnden Wurm finden würde", sagte Senanayake dem "Guardian". „Neurochirurgen haben regelmäßig mit Infektionen im Gehirn zu tun, aber das war ein einmaliger Fund - damit hatte niemand gerechnet."


Wildpflanzen und Gräser zum Verzehr gesammelt
Aber wie ist der Parasit in das Hirn der Australierin gelangt? Die Frau wohne in einem Seengebiet, in dem auch Teppichpythons lebten, hieß es. Obwohl sie keinen direkten Kontakt mit Schlangen gehabt habe, sammele sie häufig heimische Wildpflanzen und Gräser rund um die Seen, um sie zum Kochen zu verwenden. Die Forscher gehen davon aus, dass eine Python möglicherweise Parasiten-Eier über ihren Kot ins Gras ausgeschieden hat. Die Patientin habe sich wahrscheinlich infiziert, nachdem sie das Gras berührt und die Wurm-Eier auf Lebensmittel oder Küchenutensilien übertragen habe.
Eine Ophidascaris-Infektion werde allerdings nicht zwischen Menschen übertragen, betonten die Wissenschaftler. „Daher wird der Fall dieser Patientin keine Pandemie wie Covid-19 oder Ebola auslösen."
Ophidascaris-Arten sind Nematoden, die einen indirekten Lebenszyklus aufweisen; verschiedene Schlangengattungen sind Endwirte. O. robertsi-Nematoden sind in Australien heimisch, wo Teppichpythons (Morelia spilota) die Endwirte sind. Die erwachsenen Fadenwürmer leben in der Speiseröhre und im Magen des Pythons und geben ihre Eier mit dem Kot ab. Die Eier werden von verschiedenen kleinen Säugetieren aufgenommen, in denen sich die Larven einnisten und als Zwischenwirte dienen. Die Larven wandern in die Brust- und Bauchorgane, wo sie, insbesondere bei Beuteltieren, im dritten Larvenstadium eine beträchtliche Länge (7-8 cm) erreichen können, selbst bei kleinen Wirten. Der Lebenszyklus endet, wenn die Pythons die infizierten Zwischenwirte verzehren. Menschen, die mit O. robertsi-Larven infiziert sind, würden als zufällige Zwischenwirte gelten, obwohl bis zum aktuellen Fall noch niemals über eine Infektion des Menschen mit einer Ophidascaris-Art berichtet wurde.