Seltene Diagnose nach akuter Wesensveränderung
Die Notfallstation des Zürcher Universitätsspitals an einem frühen Samstagsmorgen: Eine schreiende und um sich schlagende Patientin wird von ihrem Ehemann mit Hilfe von zwei erwachsenen Söhnen vorgestellt. Sie klagen über eine akute Wesensveränderung, die innerhalb von einer Stunde während der wöchentlichen Badreinigung auftrat.
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Dieser dramatische Patientenfall basiert auf einer Fallvorstellung veröffentlicht im Schweizerischen Medizin-Forum 15 (35): 777–779. Lesen Sie in diesem Beitrag von coliquio-Redakteurin Marina Urbanietz, wie es dazu kam und warum dieser Wochenendputz für die 68-jährige Patientin schließlich tödlich ausging.
Bodenfliesen schrubben, bis die Finger bluten
An diesem Samstag, wie jede Woche, reinigte die 68-Jährige ihr Badezimmer. Plötzlich fing sie an, unermüdlich den Boden zu schrubben, bis ihre Finger blutig waren. Der Ehemann konnte seine von Putzwut besessene Frau allein nicht mehr stoppen und rief seine Söhne zur Hilfe.
Anamnestisch keine psychischen Erkrankungen bekannt
Bei der Vorstellung in der Notaufnahme ist die Patientin ohne psychische Erkrankungen in der Anamnese örtlich sowie zeitlich völlig desorientiert und halluziniert aktiv. Sofort auffallend sind die blutigen Fingernägel, massive Kratzer an den Händen und subkutane Hämatome an allen Extremitäten.
Normale Vitalparameter & seltsame Laborkonstellation
Der Blutdruck ist mit 200/90 mm Hg erhöht, die übrigen Vitalparameter sowie der internistische Status – unauffällig. Die Angehörigen geben an, die 68-Jährige sei eine langjährige Raucherin (zirka 30 pack years), habe jedoch anamnestisch bis auf eine arterielle Hypertonie und eine PAVK Grad I keine Vorerkrankungen. Bei der Laboranalyse sind folgende Befunde besonders auffällig:
Normalwerte | Eintrittswerte | |
---|---|---|
Kalium | 3,5-4,8 mmol/l | 2,5↓↓ |
Glucose | 3,1-6,4 mmol/l | 9,4↑ |
y-GT | 5-39 U/l | 189↑ |
LDH | 240-280 U/l | 879↑↑ |
Leukozyten | 3,7-11,2 Tsd/µl | 15,3↑ |
Tabelle 1: Eintrittslabor, auffällige Befunde (modifiziert nach Zechmann S. et al.1)
Weitere Untersuchungen ohne Ergebnisse, Ärzte haben jedoch einen Verdacht
Das toxikologische Screening ist negativ, die angeordnete Computertomographie (CT) sowie Magnetresonanztomographie (MRT) des Schädels inklusive Hypophyse sind unauffällig. Als ebenfalls wenig hilfreich erweisen sich die Lumbalpunktion und das Elektroenzephalogramm (EEG).
Nach der konsequenten Analyse der Laborwerte und Differenzialdiagnosen eines Delirs haben die Zürcher Kollegen einen festen Verdacht und ordnen einen Cortisol-Test an.
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1. Zechmann S. et al. Von der Putzwut gepackt: Paraneoplastisches Cushing-Syndrom. Schweizerisches Medizin-Forum 2015; 15 (35): 777–779.
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