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Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin

10. Okt. 2023
Aktualisierte S3-Leitlinie

Lokaltherapie von Wunden aufgrund von Diabetes und anderen Erkrankungen

Vor kurzem erschien die erste Aktualisierung der S3-Leitlinie zur Lokaltherapie von Wunden bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus und chronischer venöser Insuffizienz. Prof. Dr. Ralf Lobmann und Dr. Florian Thienel fassen die wesentlichen Neuerungen zusammen.

Lesedauer: ca. 3 Minuten

Wunden Diabetes
(Foto: © Getty Images / angkhan)

Dieser Beitrag erscheint hier mit freundlicher Genehmigung von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM).

Autoren: Prof. Dr. Ralf Lobmann; Dr. Florian Thienel  Redaktion: Marina Urbanietz

Gegenstand der 2012 erstmals publizierten Leitlinie sind die Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Ulzera cruris arteriosum, venosum und mixtum sowie Ulzera im Rahmen des „Diabetischen Fußes“. Im Rahmen der Optimierung der Leitlinie fand 2017 eine Anwenderbefragung sowie eine kritische Überprüfung der Leitlinienqualität statt, was zu Änderungen bei Titel, Gestaltung und Gliederung sowie Ein- und Ausschlusskriterien für die zu berücksichtigende Literatur führte. Um die Praxisrelevanz zu steigern, wurden Schlüsselfragen konsentiert, die soweit möglich im Rahmen der Empfehlungen beantwortet werden.

Für Produkte zur lokalen Behandlung wenig Evidenz

Für Produkte zur lokalen Behandlung von Wunden existieren nur wenige Studien mit hochwertiger Qualität, da für die Zulassung als Medizinprodukt (bisher) kein Wirksamkeitsnachweis erforderlich ist. Ähnlich positionierte sich auch z.B. die internationale Leitlinie der International Working Group on the Diabetic Foot (IWGDF). Vor dem Hintergrund des drohenden Verlusts der Kostenerstattung steigt aber der Druck, für wirkstoffhaltige Produkte und physikalische Maßnahmen zur Wundtherapie angemessene Wirksamkeitsnachweise vorzulegen.

Wesentliche Punkte aus der Leitlinie im Überblick

– mit Start der Lokaltherapie auch Ursache für die chronische Wunde abklären

– bei Stagnation der Wundheilung über 6 Wochen andere Fachdisziplinen einbeziehen bzw. 2. Meinung einholen

– scharfes Debridement bei Bedarf, Wunde bei jedem Verbandswechsel reinigen

– bei nicht infizierten Wunden wirkstofffreie Lösungen zur Reinigung einsetzen

– Verwendung wirkstofffreier Wundauflagen zur Erzielung eines ausreichend feuchten Wundmilieus bzw. zur Exsudatkontrolle

– nach Konditionierung der Wunde sollte ein autologer Hautersatz geprüft werden bzw. kann ein synthetischer Hautersatz erwogen werden

– in speziellen Situationen sind Kohlekompressen, Ibuprofenhaltige Wundauflagen, Lipidokolloid-Schaum mit Nano-Oligosaccharidfaktor oder autologe Fibrin-Thrombo-/LeukozytenPatches zu erwägen

– kontinuierlicher Schutz vor belastungsinduziertem Druck, insbesondere bei neuropathischen Wunden unter weitestmöglichem Erhalt der Alltagsaktivitäten

– Histologie bei therapieresistenten und morphologisch ungewöhnlichen Wunden

Sinnvolle Behandlungsmethoden

Bei den physikalischen Maßnahmen wird empfohlen, die Unterdrucktherapie in Erwägung zu ziehen. Nach Ausschöpfen aller Standard-Therapiemaßnahmen der Revaskularisation, optimierten lokalen Wundtherapie inklusive lokaler Druckentlastung wird für das Diabetische Fußsyndrom die hyperbare Sauerstofftherapie als adjuvante Therapiemaßnahme als „sollte“-Empfehlung genannt.

Dass diese in der Fläche und aufgrund der Behandlung in einer Druckkammer für viele Betroffene (auch wegen Kontraindikationen bei den oft betagten und multimorbiden Patienten) kaum verfügbare Therapieoption eine stärkere Empfehlung als beispielsweise die Unterdrucktherapie erhielt, war Gegenstand engagierter Diskussionen. Gerade die Deutsche Diabetes Gesellschaft, die Dt. Gesellschaft für Angiologie und eben die DGIM positionierten sich dazu kritisch und empfehlen dies in ihren Positionspapieren nicht bzw. sehr zurückhaltend.

Keine Empfehlung zur Anwendung wurde aufgrund der aktuellen Studienlage für alle übrigen physikalischen Maßnahmen wie z.B. auch noch bezüglich des Einsatzes von Kaltplasma ausgesprochen.

Dass chronische Wunden Teil komplexer Krankheitsgeschehen sind, berücksichtigt die aktuelle Fassung explizit mit dem wiederholten Verweis auf die Notwendigkeit, interdisziplinäre, multiprofessionelle und sektorenübergreifende Ansätze zu wählen und dementsprechend auch die Curricula zur Ausbildung zu gestalten.

Praktische Tipps und Informationen

Übersichtlich gestaltete Algorithmen zu Behandlungsplan, Wundreinigung, Wundauflagen, Therapiezielen und Assessment machen den Therapieprozess transparent und bieten insbesondere für Einsteiger in dieses Thema eine gute Übersicht. In der sogenannten „Rationale“ zu den Schlüsselfragen mit ihren Empfehlungen sind eine Menge an Hintergrundinformationen inklusive Praxis-Tipps verarbeitet, deren Lektüre einen guten Überblick über den aktuellen Wissensstand liefert.

Die Leitlinie soll in kürzeren Abständen als bisher auf den aktuellen Stand gebracht werden und so noch mehr Alltagsrelevanz und „Lebendigkeit“ erhalten. Zur Leitlinie >>

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