DGIM begrüßt Reformvorschläge für Notfallversorgung
Mit Reformvorschlägen will die Bundesregierung dafür sorgen, dass alle Patientinnen und Patienten eine angemessene medizinische Behandlung erhalten. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) sieht in den Vorschlägen ein wirksames Konzept, um Patientenströme sinnvoll zu lenken.
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Redaktion: Nathalie Haidlauf
Im Folgenden veröffentlichen wir die Stellungnahme.1
Die Stellungnahme der DGIM zu den Reformvorschlägen
Die Zahl der Menschen, die ambulant oder stationär als Notfälle in Krankenhäusern behandelt wurden, steigt: Allein von 2009 bis 2019 verzeichnen Statistiken einen Anstieg um 28 Prozent auf zuletzt 19,1 Millionen Fälle, beschreibt die „Kommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ der Bundesregierung die Ausgangslage in ihrer 4. Stellungnahme. Die Notfallversorgung in Deutschland leidet - wie andere Bereiche - an den Sektorengrenzen im Gesundheitssystem.
Die Entscheidung zur Notfallversorgung kann Patientinnen und Patienten in die Notfallpraxis oder in die Notaufnahme einer Klinik führen. Zu Stoßzeiten, insbesondere bei Infektionswellen, muss es aber klare Regelungen geben, wo entsprechend der Schwere der Erkrankung rasche Hilfe geleistet werden kann, da sonst regelmäßig eine Überlastung der zuständigen Einrichtungen und vor allem des betroffenen medizinischen Personals auftritt.
Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin unterstützt ausdrücklich das Konzept, ein verbindliches System der integrierten Notfallversorgung zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund begrüßt sie die aktuellen Vorschläge der Regierungskommission. Diese sehen die Einführung einer Integrierten Leitstelle (INL) als Weiterentwicklung der Notfall-Hotlines 112 und 116117 mit telefonischer oder telemedizinischer Ersteinschätzung sowie Integrierter Notfallzentren (INZ) vor. Das Ziel, 95% aller Anrufe in Zukunft innerhalb von 10 Minuten zu beantworten, wird ausdrücklich begrüßt. INZ sollen nach den Plänen der Regierungskommission an rund 420 Krankenhäusern der Notfallversorgungsstufen 2 und 3 aufgebaut und vom jeweiligen Krankenhaus gemeinsam mit der regionalen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) betrieben werden. Maximalversorger (Level-3-KKH) haben 24/7 eine KV-Praxis am Haus, Level-2-KKH haben zu den Randzeiten eine KV-Praxis. Nach medizinischer Hilfe Suchende in INZ sollen an einem „zentralen Tresen“ eine medizinische Ersteinschätzung erhalten, nach der sie zunächst als Notfall eingestuft, dann entweder in die KV-Notdienstpraxis, wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass die Behandlung ambulant bleiben kann, oder in die Notaufnahme des Krankenhauses, wenn eine stationäre Aufnahme wahrscheinlich ist, geleitet werden. Eine solche, qualitätsgestützte Lenkung der Patientenströme kann die Notaufnahmen der Krankenhäuser deutlich entlasten. Auch die Patientinnen und Patienten profitieren, da die Wartezeiten kürzer werden sollten.
Wir würden allerdings im Sinne auch einer regionalen Notfallversorgung empfehlen, im Einzelfall zu prüfen, ob nicht auch Level 1 Krankenhäuser als Praxiskliniken an der Notfallversorgung teilnehmen können. Wir verweisen hier auch auf unsere Stellungnahme zur „Reform der Krankenhausstrukturen“, wo wir festgestellt haben:
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Entscheidend für die Akzeptanz in der Bevölkerung und Politik werden flexible, für die Region angepasste Modelle für die zukünftigen Level I Versorgungseinrichtungen sein. Ein Mangel besteht vor allem in der ambulanten haus- und fachärztlichen Versorgung und der Wohnort-nahen Pflege beim Übergang von stationärer zu ambulanter Versorgung in ländlichen Regionen. Hier könnten die bestehenden Einrichtungen Level I einen entscheidenden Stellenwert einnehmen.
Dies könnten manche auch bei der ambulanten Notfallversorgung.
Neben strukturellen Vorschlägen empfiehlt die Regierungskommission in ihrer Stellungnahme auch die Einführung einer Weiterbildung „Facharzt/ Fachärztin für Notfallmedizin, die perspektivisch zur Leitung der Integrierten Notfallzentren befähigen soll. Diesen Vorschlag halten wir aus verschiedenen Gründen für wenig sinnvoll. Die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten sucht die Notfallpraxen und
Notaufnahmen mit spezifischen, meist internistischen Erkrankungen auf. Das heißt, die Qualität der medizinischen Versorgung würde leiden. Aber auch aus Sicht der dann Notfallmedizinerinnen und -mediziner ist eine solche Weiterbildung wenig attraktiv, reduziert es ihr berufliches Spektrum doch weitgehend auf die Notfallversorgung. Zielführender ist es, die bestehende Zusatzweiterbildung für klinische Akut- und Notfallmedizin aufzuwerten um Fachärztinnen und Fachärzte zu motivieren, diese zu erwerben und sich in ihrem Fach für die operative oder konservative Akut- und Notfallmedizin weiter zu qualifizieren.