
Plötzlicher Herztod und Sport: bessere Diagnostik und sichere Sportkarenz
Der plötzliche Herztod bei jungen Sportlerinnen und Sportlern wird meist durch eine Myokarditis verursacht. Wird eine Myokarditis vermutet, gilt das MRT als diagnostische Methode der Wahl.
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Dieser Beitrag basiert auf dem Vortrag von Prof. Dr. Thomas Voigtländer (Frankfurt am Main) „Das Schwert des Damokles: Virusmyokarditiden bei sportlich Aktiven“ auf der DGIM2023 | Autor: Dr. med. Horst Gross, Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin
Differenzialdiagnose
Die klinische Symptomatik einer Myokarditis ist eher unspezifisch, betont Prof. Dr. Thomas Voigtländer (Frankfurt am Main). Leitsymptome sind häufig Leistungsknick, Infarkt-typische Beschwerden und Herzrhythmusstörungen. Die typischen EKG-Veränderungen, exzessiv erhöhte Troponinwerte und ein erhöhtes BNP (B-Typ natriuretisches Peptid) sind für die Diagnose von Bedeutung. Die klassischen Erreger sind das Humane Herpesvirus 6 + 8. Aktuell ist nicht nur das Coronavirus verantwortlich, sondern auch die Impfung2. Eine Sarkoidose muss differenzialdiagnostisch mitberücksichtigt werden. Aber auch die hypertrophe Kardiomyopathie, die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC), die anormalen Koronararterienabgänge und das Long-QT-Syndrom sind in das differenzialdiagnostische Work-out einzubeziehen.
Hohe Inzidenz
Die Inzidenz des plötzlichen Herztodes bei Sporttreibenden liegt zwischen 0,7 und 3,0 pro 100.000 Sportlerinnen und Sportlern pro Jahr. Von 1600 Sportlerinnen und Sportlern im Leistungsbereich, die sich während der Covid-Pandemie infiziert haben, entwickelten 2,3 % eine Myokarditis1. Aufgrund genetischer Determination sind Männer deutlich häufiger von dieser Erkrankung betroffen als Frauen. Im Allgemeinen ist die Inzidenz der Myokarditis bei einem plötzlichen Herztod aber gering. Eine dänische Studie, die über 1300 Autopsien zum plötzlichen Herztod ausgewertete, fand nur in 42 Fällen eine Myokarditis als Ursache3.
Bildgebende Diagnostik
Das Kardio–MRT ist das wichtigste Diagnose-Tool bei Verdacht auf Myokarditis. Der Nachweis eines Ödems ist richtungsweisend. Mit der neu entwickelten Technik des T1/T2-Mappings lassen sich Herzmuskelentzündungen sicher identifizieren. Stark vereinfacht deuten hierbei verlängerte T2-Zeiten auf akute inflammatorische Prozesse hin, während sich verlängerte T1-Zeiten auch als empfindliche Marker für irreversible Schäden des Myokards (z. B. Myokardfibrose) eignen.
Late-Enhancement
Für die weitere Prognose sind sogenannte Late-Enhancement-Areale ausschlaggebend. Das sind Bereiche, in denen das Kontrastmittel verzögert ausgewaschen wird. In diesen Arealen liegen die Auslöser der gefürchteten malignen Herzrhythmusstörungen. Eine bereits durchgemachte Myokarditis kann im MRT als Fibrose dargestellt werden. Die Prognose einer akuten Myokarditis wird wesentlich durch den MRT-Verlauf bestimmt.
Biopsie obsolet
Die Myokarditis gilt als ausgeheilt, wenn die Late-Enhancement-Areale verschwunden sind. Die Kardio-MRT-Untersuchung bei Verdacht auf Myokarditis ist keine Routineuntersuchung. Sie ist Zentren mit entsprechender Expertise vorbehalten, betont Voigtländer. Die früher übliche Myokardbiopsie ist aufgrund der verbesserten MRT-Technik heute kaum noch notwendig.
Spaziergänge erlaubt
Die Empfehlungen für ein Sportverbot sollten sich streng am MRT-Befund orientieren. Das EKG, das viele Jahre als der entscheidende Parameter galt, ist nach Meinung des Experten hierzu nicht geeignet. In der Regel liegt die Karenzzeit bei 3–6 Monaten. Dabei wendet sich Voigtländer gegen eine übervorsichtige Mobilitätseinschränkung. Spazieren gehen ist nach seiner Auffassung kein Risiko. Anstrengendere körperliche Aktivitäten müssen allerdings vermieden werden.
Externer Defibrillator
Kritisch ist ein persistierendes Late-Enhancement-Segment, das mit einer dauerhaften Bedrohung durch maligne Rhythmusstörungen assoziiert ist. Diese Patientinnen und Patienten sind passager mit einer Life-Vest® zu versorgen, also einem kontinuierlich getragenen externen Defibrillator.