
Berufshaftpflicht im Ruhestand
Sie möchten beruflich kürzertreten und Ihre Praxis aufgeben? Dann sollten Sie auch auf den passenden Versicherungsschutz achten, rät Patrick Weidinger, Rechtsanwalt bei der Deutschen Ärzteversicherung. Die Themen Haftpflicht und Haftpflichtversicherung erledigen sich nämlich nicht durch den Eintritt in den Ruhestand.
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Dieser Beitrag erscheint hier mit freundlicher Genehmigung von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM).
Autor: Patrick Weidinger | Redaktion: Marina Urbanietz
Unterstellen wir einmal eine Praxisaufgabe zum 31.12.2023. Schadenereignisse, die bis zu diesem Datum eintreten und erst danach verfolgt werden, unterfallen dem Deckungsschutz des Praxisversicherers – auch wenn Patientinnen und Patienten bis zu 30 Jahre lang Ansprüche geltend machen können (§§ 196, 199 BGB). Nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) besteht „Versicherungsschutz für den Fall, dass der Versicherungsnehmer wegen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird“. Auf die Besonderheiten der in der Niederlassung sehr seltenen Claims-Made-Versicherung soll hier nicht eingegangen werden.
Nachhaftungsversicherung für Schäden nach der Praxisaufgabe
Im Umkehrschluss besteht keine Haftpflichtversicherung, wenn es erst nach Eintritt in den Ruhestand zu einem Schaden kommt. Denn mit endgültigem und dauerhaftem Wegfall des versicherten Risikos ist der Versicherungsschutz erloschen (17 AHB).
Angenommen, einem Patienten wird 2023 ein kontraindizierter Blutverdünner verschrieben, den dieser 2024 einnimmt und der zu einer Massenblutung führt. Für diese Situation – Fehler vor und Schadenereignis nach dem Ruhestand – gibt es die Nachhaftungsversicherung. Um Deckungslücken zu vermeiden, ist sie so wichtig, dass sich die Versicherer verpflichtet haben, sie für Fälle endgültigen Risikowegfalls anzubieten (Geschäftsplanmäßige Erklärung, VerBAV 82, 66).
Versicherungsoptionen oder sogar -pflichten bei Tätigkeit im Ruhestand
Nach den Berufsordnungen sind Ärzte und Ärztinnen verpflichtet, sich im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit hinreichend gegen Haftpflichtansprüche zu versichern. Dies betrifft alle beruflichen Tätigkeiten, die nach Praxisaufgabe oder nach dem Ausscheiden aus einer Anstellung aufgenommen oder fortgeführt werden, zum Beispiel im Beschäftigungsverhältnis oder auf Honorarbasis.
Im Ruhestand kann es aber auch zu ungeplanten ärztlichen Tätigkeiten kommen. Zum Beispiel, wenn ein Freund oder eine Freundin um einen ärztlichen Rat bittet. Oder wenn man aus ethischer, aber auch gesetzlicher Verpflichtung einem Unfallopfer hilft. Eine Ruhestands- bzw. Restrisikoversicherung versichert – je nach Versicherungskonzept – genau diese Risiken, also insbesondere ärztliche Freundschaftsdienste im Bekannten- und Verwandtenkreis und die Behandlung in Notfällen und bei Erster Hilfe.
Wann die private Haftpflichtversicherung genügt
Was aber, wenn man im Ruhestand überhaupt nicht mehr ärztlich tätig sein will und auch Bekannten und Verwandten definitiv keinerlei Ratschläge gibt? Dann bleibt als Haftungspotential nur noch die Hilfeleistung bei Unglücksfällen.
Ausschließlich für diesen Fall eine Ruhestandsversicherung vorzuhalten, erscheint nicht zwingend. Zum einen trifft die Pflicht zur Unfallhilfe jeden als Privatperson (§ 323c StGB). Zum anderen begründet die lebenslang erteilte Approbation zwar eine ärztliche, aber keine berufliche Tätigkeit (die dem Lebensunterhalt dient).
Bei vollständigem Verzicht auf eine Restrisikoversicherung ist man auf der sicheren Seite mit einer Bestätigung der Privathaftpflichtversicherung, dass sie die Erste-Hilfe-Leistung als „Gefahr des täglichen Lebens“ und nicht als berufliche Tätigkeit ansieht.