Zoff bei der Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV)! Die Co-Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes (HÄV), Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth, lässt es sich nicht nehmen, beim Reizthema der neuen hausärztlichen Vorhaltepauschale gegen die KBV-Spitze zu schießen. Deren Umgang mit dem Thema sei „mutlos“. Der Vorstandsvorsitzende der KBV dagegen lobt die getroffene Einigung. Aus der Sicht von Dr. Andreas Gassen ist die „Kuh vom Eis“. Ganz einig sind sich die Ärztinnen und Ärzte jedoch im Protest gegen die Sparpläne der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Und auch die Evergreens Regressforderungen und IT-Technik sorgen für vereinten Delegierten-Frust. Ein Überblick darüber, was alles bei der KBV-September-Vertreterversammlung wichtig war.
Die neue Pauschale erklärt
Zur Erinnerung: Die hausärztliche Vorhaltepauschale tritt am 1. Januar 2026 in Kraft. Für die Ausgestaltung sind die KBV und der GKV-Spitzenverband (GKV-SV) im Bewertungsausschuss zuständig. Dafür wird die Gebührenordnungsposition (GOP) 03040, in der die Pauschale geregelt ist, geändert. Die GOP-Änderung geht auf das Anfang des Jahres verabschiedete Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz zurück und sollte „weder zu Mehrausgaben noch zu Minderausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung führen“. Mitte August geben KBV und GKV-SV ihre Lösung bekannt: Die GOP 03040 wird zunächst von 138 auf 128 Punkte abgesenkt. Es werden 10 Kriterien eingeführt. Je mehr man erfüllt, desto mehr profitiert die Praxis.
Es gibt einen Zuschlag von 10 Punkten, wenn mindestens 2 Kriterien erfüllt sind. Werden mindestens 8 erreicht, gibt es 30 Punkte dazu. Heißt: Bei 2 erfüllten Kriterien – was schon jetzt bei fast allen Praxen der Fall sein dürfte – landet man bei den ursprünglichen 138 Punkten in der GOP 03040. Bei den Kriterien handelt es sich unter anderem um Haus- und Pflegeheimbesuche, geriatrische/palliativmedizinische Versorgung, Schutzimpfungen und erweiterte Praxisöffnungszeiten.
Randbemerkung: Hausarztpraxen, die weniger als 10 Schutzimpfungen im Quartal durchführen, müssen einen Abschlag auf die Pauschale von 40 % hinnehmen. Diabetologische Schwerpunktpraxen, HIV-Schwerpunktpraxen und Substitutionspraxen erhalten den 10-Punkte-Zuschlag ohne die Erfüllung einer Mindestanzahl von Kriterien. Sie sind auch von der Mindestimpfzahl ausgenommen.
Bloße Schadensbegrenzung
Mit dem vergleichsweise einfach zu erreichenden 10-Punkte-Zuschlag dürfte sich finanziell wenig verändern. Aus KBV-Sicht ist das genau das Ziel der Aushandlung mit dem GKV-SV gewesen. Wie der Vorstandsvorsitzende Gassen sagt, ist es bei der jetzigen Regelung im Wesentlichen um „Schadenbegrenzung“ gegangen – das Ergebnis sei letztlich nur „nervige zusätzliche“ Bürokratie. Das Problem sei die gesetzliche Vorgabe, die eine kostenneutrale Ausgestaltung vorgibt.
„Wir sind uns einig, dass wir uns dafür nicht gegenseitig in die Kassen greifen können“, so Gassen. Vielfach hätte bei drohenden Umverteilungsszenarien die Existenz von kleineren Praxen auf dem Spiel gestanden. „Wir können nicht den Bestandspraxen Geld entziehen, um die schöne neue Welt der hausärztlichen Großpraxis abzubilden.“