1. Risiken mit Zahlen ausdrücken
Begriffe wie „selten“, „häufig“ oder „unwahrscheinlich“ werden individuell sehr unterschiedlich interpretiert. Eine systematische Übersichtsarbeit zeigte2, dass „selten“ als Wahrscheinlichkeit zwischen 0 und 80 Prozent und „häufig“ zwischen 10 und 100 Prozent verstanden wurde.
Konkrete Zahlenangaben – auch in Kombination mit verbalen Erläuterungen – verbessern das Verständnis erheblich: So können Patientinnen und Patienten den Satz „Ihr Risiko liegt bei rund 4 Prozent“ besser erfassen als die Aussage „Das passiert selten“.
Verbal beschriebene Wahrscheinlichkeiten werden dagegen tendenziell überschätzt und führen häufiger zu stärkeren emotionalen Reaktionen.
2. Einheitliche Nenner statt „1-von-X“-Formate
Risiken sollten immer mit einheitlichen Nennern (z. B. Prozentangaben oder Fälle pro 1000) angegeben werden. Das weit verbreitete „1-von-X“-Format (z. B. „1 von 384“) führt häufig zu Fehlinterpretationen, da Menschen größere Risiken vermuten, wenn die Zahl im Nenner variiert.
In einer Studie konnten 73 % der befragten Personen korrekt einschätzen, dass 8,9 pro 1000 größer ist als 2,6 pro 1000 – aber nur 56 %, wenn die gleichen Werte als „1 von 112“ und „1 von 384“ dargestellt wurden.3
3. Absolute statt relative Risiken nennen
Patientinnen und Patienten möchten wissen, wie stark eine Maßnahme tatsächlich wirkt – nicht nur, um wie viel Prozent sich ein Risiko relativ verändert. Angaben wie „50 Prozent Risikoreduktion“ wirken eindrucksvoll, können aber irreführend sein.
Beispiel: Sinkt das Risiko von 9 auf 6 Prozent, entspricht das einer relativen Reduktion von 33 Prozent, aber nur einer absoluten Reduktion um 3 Prozentpunkte.
Medizinische Leitlinien verwenden häufig relative Risikowerte, was zu einer Überschätzung des Nutzens und einer Unterschätzung der Risiken führen kann.4 Eine faire, transparente Kommunikation sollte laut dem Autorenteam daher stets absolute Werte nennen – etwa: „Diese Therapie senkt Ihr Risiko von 15 % auf rund 7–8 Prozent“ statt „Diese Therapie halbiert Ihr Risiko.“
4. Visuelle Darstellungen mit vollständigen Zahlen
Grafische Hilfsmittel können das Verständnis erheblich verbessern – vorausgesetzt, sie zeigen sowohl Zähler als auch Nenner des Risikos. Empfehlenswert sind Piktogramme (z. B. 100 Symbole in einer Matrix) oder gestapelte Balkendiagramme, die den Teil‑Ganzes‑Bezug verdeutlichen.
Studien zeigen, dass isolierte Darstellungen, die nur den Zähler zeigen (also lediglich die Anzahl Betroffener), das Risiko überbewerten. Teil‑Ganzes‑Grafiken führen dagegen zu realistischeren Einschätzungen.5,6,7
5. Kontext schaffen
Viele medizinische Kennzahlen – etwa Laborparameter oder Biomarker – sind für Patientinnen und Patienten abstrakt. Kontextangaben helfen, deren Bedeutung einzuordnen.
Beispielsweise zeigte eine Studie mit 1618 Erwachsenen, dass die Darstellung von Kreatininwerten auf einer visuellen Skala mit einer markierten Schwelle für besorgniserregende Werte (3,0 mg/dL, beschriftet mit „Viele Ärztinnen und Ärzte sind erst ab diesen Werten besorgt“) die Sorge bei einem Ergebnis von 2,2 mg/dL verringerte – im Vergleich zu einer identischen Darstellung ohne diese Schwellenmarkierung. Allerdings führte die Schwellenbeschriftung nicht zu einer signifikanten Veränderung der Reaktionen auf einen höheren Wert von 3,4 mg/dL.8
Neben Referenzbereichen sind auch Zielwerte, Handlungsgrenzen und klinisch relevante Unterschiede wichtig, um die Relevanz einer Messung verständlich zu machen.