Bei den Planungen für den Ruhestand spielen neben der starken Identifikation mit dem Arztberuf auch wirtschaftliche Faktoren unter Medizinern eine wichtige Rolle: 34% der Befragten geben an, nicht ausreichend vorgesorgt zu haben, um früher in den Ruhestand zu gehen. Auffällig ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern: Während 41% der Ärztinnen finanzielle Gründe für den späten Renteneintritt nennen, tun dies nur 29% der Ärzte.
Der Hintergrund könnten unterbrochene Erwerbsbiografien durch Teilzeit oder Familienarbeit sein – auch wenn dies in der Umfrage nicht vertieft wurde. Im Schnitt veranschlagen die Befragten 2.874 Euro netto pro Monat als Zielsumme für ein finanziell sorgenfreies Leben nach dem Beruf. Männer kalkulieren mit 3.314 Euro deutlich höher als Frauen mit 2.004 Euro. Im Durchschnitt erwarten die Befragten, dass 58% ihrer Altersbezüge aus der Ärzteversorgung kommen, 17% aus Ersparnissen und 6% aus staatlichen Leistungen. Weitere 8% speisen sich aus individuellen Einkommensquellen – etwa Vermietung, Nebentätigkeiten oder Kapitalanlagen.
Teilverlust der eigenen Identität
Für viele ist klar: Der Abschied von der ärztlichen Tätigkeit bedeutet nicht nur das Ende des Berufslebens, sondern auch einen tiefgreifenden Wandel im Selbstverständnis. Fast die Hälfte der Befragten rechnet damit, mit dem Ausscheiden aus dem Beruf einen Teil der eigenen Identität zu verlieren.
Dennoch fühlt sich eine große Mehrheit der Befragten (80%) sehr zuversichtlich oder zumindest zuversichtlich, auch nach dem Ausstieg aus der aktiven Medizin ein erfülltes Leben zu führen. Die Verbundenheit zur Medizin bleibt dabei bei vielen Ärztinnen und Ärzten bestehen: So planen 73%, sich weiterhin über medizinische Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten.
Zwischen Vorfreude und Abschiedsschmerz
Neben finanziellen Aspekten spielen emotionale Erwartungen eine zentrale Rolle. 26% der Befragten vermuten, dass sie den Ruhestand als Erleichterung empfinden werden, 25% erwarten ein „einfach gutes Gefühl“. Gleichzeitig rechnen 14% mit Traurigkeit beim Übergang. Besonders niedergelassene Ärzte äußern, dass das Ende ihrer Tätigkeit mit einem Verlust an Sinn verbunden sein könnte.
Neue Pläne: Teilzeit, Reisen und Ehrenamt
Viele Mediziner wollen den Übergang in den Ruhestand schrittweise gestalten. 28% planen nach dem Ausstieg zunächst in Teilzeit weiterzuarbeiten, knapp ein Viertel (24%) hat noch keine konkreten Pläne. Privat stehen Reisen (78%) und mehr Zeit für Freizeitaktivitäten (76%) ganz oben auf der Wunschliste. Darüber hinaus sehen viele ihre Zukunft im ehrenamtlichen Engagement, in wissenschaftlicher Tätigkeit oder in der Ausbildung des medizinischen Nachwuchses.
Geschlechterunterschiede in Vorsorge und Planung
Die Unterschiede zwischen Ärztinnen und Ärzten ziehen sich durch viele Antworten. Während Männer im Schnitt deutlich höhere Zielbeträge für die Altersvorsorge angeben, äußern Ärztinnen häufiger Zweifel, ob diese Summen tatsächlich erreicht werden können. Dies spiegelt nicht nur unterschiedliche Erwerbsbiografien wider, sondern auch die anhaltende strukturelle Ungleichheit in Einkommen und Karrierechancen im Gesundheitswesen. So überrascht es nicht, dass Ärztinnen häufiger angeben, aus finanziellen Gründen länger arbeiten zu müssen.
Wandel in der Rolle des Arztes – Ruhestand heißt nicht Rückzug
Viele Befragte sehen den Arztberuf nicht als Tätigkeit mit klarer Grenze zum Ruhestand, sondern als Lebensaufgabe. Für 59% ist er eng mit der eigenen Identität verwoben. Das erklärt auch, warum 73% planen, nach dem offiziellen Berufsausstieg weiterhin über medizinische Entwicklungen informiert zu bleiben. Mehr als ein Drittel möchte durch Fachzeitschriften oder Mitgliedschaften in ärztlichen Gesellschaften verbunden bleiben.
Gesundheitliche Aspekte im Beruf und die gesellschaftliche Verantwortung als Motivation
Ein Teil der Befragten verbindet die Entscheidung für ein längeres Berufsleben auch mit der eigenen Gesundheit. Ärztinnen und Ärzte, die körperlich und psychisch fit bleiben, möchten ihre Fähigkeiten nicht ungenutzt lassen. Gleichzeitig spielt die hohe Arbeitsbelastung vieler Kliniken und Praxen eine Rolle: 19% der Befragten geben gesundheitliche Gründe für ihren Ausstiegswunsch an.
Neben finanziellen und persönlichen Gründen nennen viele Ärztinnen und Ärzte auch den Wunsch, ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen. 27% geben an, dass die Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten für sie ein zentrales Motiv ist, im Beruf zu bleiben.