Schwer Erkrankte behandeln sie trotz fehlender Aussichten auf Erfolg häufig aggressiv. Dahinter stecken kulturellen Erwartungen, der Druck von Angehörigen und rechtlichen Unsicherheiten, wie die Autoren einer neuen Arbeit im
Journal of Medical Ethics schreiben.
1 Persönliche Einstellungen der Ärzte beeinflussen Patienten
„Heute leben wir länger als vor 50 Jahren. Die Zunahme chronischer Erkrankungen hat die Frage nach dem richtigen Umgang mit dem Lebensende zu einem zentralen medizinischen und gesellschaftlichen Thema gemacht“, schreiben die
Studienautoren um Sarah Mroz von der End-of-Life Care Research Group der Vrije Universiteit und der Universität Gent in Belgien.
Ärztinnen und Ärzte hätten eine Schlüsselrolle, wenn es darum gehe, mit Patienten Gespräche über Therapien am Lebensende zu führen. Frühere Studien deuteten bereits darauf hin, dass ihre persönlichen Einstellungen und Überzeugungen erheblichen Einfluss auf Entscheidungen ihrer Patientinnen und Patienten hätten, so das Forscherteam. Ein besseres Verständnis dieser Perspektiven sei auch aus ethischer Sicht extrem wichtig.
Internationale Untersuchung mit mehr als 1.000 Ärzten
Für mehr Wissen sorgt eine Querschnittsstudie. Das Team um Mroz befragte 1.157 Ärztinnen und Ärzte aus Belgien, Italien, Kanada, aus den USA und Australien. Unter den Teilnehmenden waren Hausärzte, Palliativmediziner sowie Fachärzte verschiedener Disziplinen.
Alle Befragten erhielten zwei hypothetische Szenarien: eine fortgeschrittene Krebserkrankung und das Endstadium von Alzheimer. Sie sollten angeben, welche medizinischen Maßnahmen sie in diesen Situationen für sich selbst bevorzugen würden.
In beiden Szenarien präferierten über 90% eine Intensivierung der symptomlindernden medikamentösen Behandlung. Mehr als 95% lehnten lebenserhaltende Maßnahmen wie eine Reanimation, eine künstliche Beatmung oder eine Ernährung per Magensonde ab. Lediglich 0,5% hielten im Fall von Krebs eine Reanimation für eine „gute Option“, bei Alzheimer lag dieser Wert sogar nur bei 0,2%. Etwa die Hälfte der Befragten – zwischen 50 und 54% – bewertete aktive Sterbehilfe als „akzeptabel“.
Zwischen den Ländern gab es deutliche Unterschiede: In Belgien befürworteten 80,8% der Befragten Sterbehilfe bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen, in Italien waren es lediglich 37,9%. Ärztinnen und Ärzte, die in einer Region arbeiten, in der Sterbehilfe oder ein ärztlich assistierter Suizid legal sind, hielten diese Optionen deutlich häufiger für sinnvoll als Kollegen aus Ländern ohne entsprechende Gesetze.