
Zur Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADS bzw. ADHS) gehören die Symptome Unaufmerksamkeit, Überaktivität und Impulsivität in einem für den Entwicklungsstand abnormen Ausmaß. Die Störung beginnt vor dem Alter von 6 Jahren und sollte definitionsgemäß in mindestens 2 Lebensbereichen (z.B. Schule, Familie, Untersuchungssituation) über mehr als 6 Monate auftreten.
Die Prävalenz von ADHS in Deutschland wird auf 4–8 % bei Schulkindern und auf 1,3 % - 4,7 % bei Erwachsenen geschätzt, wobei Jungen häufiger als Mädchen betroffen sind. Zur Diagnosestellung dienen neben der Exploration des Patienten und seiner Eltern per Anamnese und Testdiagnostik auch Verhaltensbeobachtung und Informationen vom Kindergarten bzw. der Schule. Auszuschließende Differentialdiagnosen sind Hyperthyreose, zerebrale Krankheiten, medikamenten- bzw. substanzinduzierte Störungen, Intelligenzminderung, Autismus, Angststörung und kindliche Psychose.
Die Therapie des ADHS muss immer multimodal sein und sollte mit Aufklärung und Beratung der Eltern, des Kindes und der Erzieher einher gehen. Weiterhin kommen Familientherapie, Interventionen im Kindergarten/in der Schule, Kognitive Therapie, Pharmakotherapie, diätetische Behandlungen (oligoantigene Diät; Omega-3/Omega-6 Supplementierung) sowie Neurofeedback in Frage. Zusätzlich wirken soziales Kompetenztraining und Einzel- o. Gruppenpsychotherapie oft hilfreich.
Die Pharmakotherapie sollte im Allgemeinen nur als Ultima Ratio und unter Fortführung des multimodalen Konzepts eingesetzt werden. Die hierbei verwendeten ADHS-Medikamente sollten individuell dosiert und ihre Gabe an die Tagesabschnitte, die durch die Therapie abgedeckt werden sollen, angepasst werden. Mittel der Wahl ist Methylphenidat (Psychostimulanz, Handelsname u.a. Ritalin), welches ab dem Schulalter zugelassen ist und in retadierter oder unretadierter Form gegeben werden kann. Pulsfrequenz, Blutdruck, Leberwerte und weitere mögliche Nebenwirkungen (z.B. emotionale Labilität, Suizidneigung) sollten genau kontrolliert werden. Ein- oder mehrmals pro Jahr muss durch einen kontrollierten Auslassversuch die weitere Notwendigkeit der Behandlung überprüft werden.
Als Mittel der zweiten Wahl bei ADHS oder bei Jugendlichen mit erhöhter Suchtgefahr ist die primäre Verordnung von Atomoxetin (Strattera) zu diskutieren. Dieses soll nicht amphetaminartig wirken, sondern ähnlich wie Fluoxetin die Wiederaufnahme von Noradrenalin im ZNS hemmen. An Langzeitnutzen und –sicherheit bestehen jedoch noch erhebliche Zweifel, als Nebenwirkungen wurden unter anderem aggressives Verhalten, Suizidalität und schwere Leberschäden beobachtet.
letzte Änderungen: 28.07.2011
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